Mithilfe des Programms sollen die Folgen des Ausstiegs aus der Steinkohleverstromung abgefedert werden, der spätestens 2038 vollzogen sein soll. 662 Millionen Euro an Bundesmitteln stehen allein für Nordrhein-Westfalen für die Strukturstärkung zur Verfügung. Neben dem Kreis Unna mit seinen vier Kraftwerken in Bergkamen (1), Werne (1) und Lünen (2) und den mehr als 1000 Beschäftigten an den drei Standorten werden auch die Städte Hamm, Herne, Duisburg und Gelsenkirchen finanziell bedacht.
Mit den 1,6 Millionen Euro richtet die WFG ein Projektbüro ein. Vier Mitarbeiter sollen den Kreis-Kommunen zunächst für vier Jahre beratend zur Seite stehen und den Strukturwandel begleiten. Die Stellen sind bereits ausgeschrieben. WFG-Geschäftsführer Sascha Dorday hofft, dass das neue Team im Sommer starten kann.
Wir wollen Industrieland bleiben und klimaneutral werden.
„Wir sind in einem Transformationsprozess“, betonte Dammermann und nannte den 2018 beschlossenen Kohleausstieg „das größte Klimaschutzprojekt auf unserem Planeten“. Für NRW gelte: „Wir wollen Industrieland bleiben und klimaneutral werden.“ Das Fünf-Standorte-Programm solle „Impulse für Wachstum und Beschäftigung“ setzen und lasse den Akteuren dabei bewusst einen großen Spielraum. Unternehmen seien aufgerufen, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und umzusetzen.
Die WFG beschäftigt sich bereits seit zwei Jahren mit dem Förderprogramm. „Wir mussten zunächst Indikatoren aufstellen für die Entscheidung, welche Projekte im Kreis wir dem Strukturstärkungsrat vorschlagen“, erläuterte Dr. Michael Dannebom, ebenfalls WFG-Geschäftsführer. Besagtes Gremium qualifiziert auf Landesebene die von den Kreisen und Städten eingereichten Projekte. Erst bei einem positiven Votum kann ein Förderantrag gestellt werden.
Vom Kreis Unna sind dem Strukturstärkungsrat – nach Beschluss im Kreistag – bereits mehrere Projekte benannt worden, etwa die Realisierung eines „Bio-Economy-Campus Unna/Hamm“, in dem es um die Umsetzung wissenschaftlicher Erkenntnisse für die Wirtschaft geht. Weitere Projekte befinden sich in der Entwicklung. In einem etwa geht es um die Herstellung alternativer Werkstoffe. Machbarkeitsstudien werden zu den Projekten „Zukunftscampus Gesundheits- und Sozialwirtschaft“, „DigIn Lab“ und die in Werne geplante „Surfworld“ erstellt.
Projekte können in allen zehn Kreis-Kommunen angestoßen werden. Im Fokus stehen aber jene drei Städte im Nordkreis, die durch die Schließung von Kraftwerken Arbeitsplätze verlieren. Landrat Mario Löhr kann sich Ersatz-Jobs etwa in der Produktion von klimafreundlichem Wasserstoff vorstellen – gerne auch auf dem Steag-Areal in Bergkamen nach Ende der Kohleverstromung.
Eine Idee, die bekanntlich auch von Bergkamens Bürgermeister Bernd Schäfer unterstützt wird. „Die Bereitstellung von Flächen wird das Thema der Zukunft sein“, sagte er. Und Flächen zur Entwicklung gebe es in seiner Stadt – absehbar auf dem Kraftwerks-, aber auch auf dem Bayer-Gelände. Mit beiden Unternehmen führe man Gespräche über zukünftige Nutzungen, schilderte Schäfer – und offenbar sehen beide auch für sich Zukunftschancen im Kontext des Fünf-Standorte-Programms.
„Heute ist ein toller Tag für die Region“, sagte Landrat Löhr und bedankte sich für die 1,6 Millionen Euro. Gleichzeitig richtete er die Bitte an Dammermann, den Weg zum Fördergeld nicht unnötig kompliziert zu machen: Man brauche keine Luftschlösser, sondern qualifizierte Arbeitsplätze und anhaltende Wertschöpfung.
Das Kraftwerk Heil, im Jahr 1981 ans Netz gegangen, soll Ende Oktober stillgelegt werden. Offen ist noch die Frage, ob es als systemrelevant eingestuft und in der Folge betriebsbereit gehalten wird. Über einen entsprechenden Antrag des Netzbetreibers Amprion berät noch die Bundesnetzagentur. „Wir erwarten in Kürze eine Entscheidung“, sagte Steag-Bereichsleiter Rainer Borgmann am Donnerstag.