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Hausaufgaben erledigt: Stadtverwaltung hat alle 4000 Flurstücke an das Finanzamt gemeldet

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Von: Kira Presch

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Rathaus Bergkamen
Die leidige Grundsteuererklärung ist eine Pflicht, mit der sich auch die Verwaltung im Bergkamener Rathaus monatelang beschäftigen musste. © Robert Szkudlarek/Digitalbild

Bürger stöhnen über die Grundsteuererklärung, die ein Drittel auch nach dem Termin noch nicht eingereicht hat. Die Stadt Bergkamen muss 4000 Flurstücke erfassen und übermitteln - eine echte Herausforderung. Aber aus dem Rathaus kommt jetzt die Nachricht: Hausaufgaben erledigt!

Bergkamen – Die Grundsteuerreform trifft nicht nur die Bürger, sondern auch Kommunen, Land und Bund. Viele Betroffene raufen sich die Haare bei dem Versuch, elektronisch mittels Elster ihren Grundbesitz an die zuständige Finanzbehörde zu übermitteln, denn das System hat durchaus seine Tücken – vor allem, wenn Nutzungen nicht eindeutig sind. Am 31. Januar ist die Verlängerungsfrist abgelaufen. Dennoch sind bislang gerade mal rund zwei Drittel der Erklärungen eingegangen. Aber auch Kommunen bleiben von der Grundsteuererklärung nicht verschont. Bei der Stadt Bergkamen sind es über 4000 Flurstücke, die überprüft und übermittelt werden mussten. Inzwischen kann die Stadt melden: Alles erledigt!

Ein erheblicher Arbeitsaufwand

Während die Bürger, die als Hausbesitzer in der Regel nur ein Grundstück angeben müssen, schon stöhnen über die schwierige elektronische Übermittlung ihrer Grundsteuer per Elster an die zuständige Finanzbehörde, haben Städte wie Bergkamen da eine ganz andere Größenordnung zu bewältigen, bestätigt Ralf-Dieter Brauner, Leiter des Bereichs Immobilienwirtschaft im Bergkamener Rathaus. Seine Abteilung hat nämlich das zweifelhafte Vergnügen, jede einzelne Parzelle, die zu den städtischen Liegenschaften zählt, zu bewerten und beim Finanzamt anzumelden.

Grundstücke zwischen einem und 10 000 qm

Das sei durchaus eine echte Herausforderung gewesen, gibt er unumwunden zu, denn es handele sich um über 4000 Flurstücke – mit Flächen zwischen einem und 10 000 Quadratmetern – zusammengefasst in rund 200 Datensätzen mit einer jeweiligen Steuernummer, die erfasst, überprüft und übermittelt werden müssen. „Zwei Datensätze umfassen jeweils über 200 Flurstücke“, weiß Brauner, und macht deutlich: „Die zusätzliche Leistung muss ja noch neben allen anderen regulären Aufgaben bewältigt werden.“ Die Stadt habe sich deshalb entschieden, einen Mitarbeiter über drei Monate lang für diese Mammutaufgabe abzustellen. Mitarbeiter Klaus Teise hat sich in die Materie eingearbeitet und sämtliche Liegenschaften der Stadt für die Grundsteuererklärung bewertet.

Die Grundsteuerreform

2019 wurde das Grundsteuerreformgesetz verabschiedet, dass sich alle Grundstücke zum 1. Januar 2022, dem Hauptfeststellungszeitpunkt, einer neuen Grundsteuerwertermittlung zu unterziehen haben. Die Abgabefrist wurde bis zum 31. Januar 2023 verlängert.

Nach den Regelungen des Grundsteuergesetzes gelten auch weiterhin gewisse Steuerbefreiungsregeln, sofern es sich um Grundstücke handelt, die etwa für hoheitliche Tätigkeiten genutzt werden. Zudem gilt eine Befreiung von Grundbesitz für Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr dienen. Wohnungen sind dagegen stets steuerpflichtig.

Da die neuen Grundsteuerbeträge ab 2025 fällig werden, ist das Zeitfenster zur Grundsteuerveranlagung begrenzt. Das Bundesfinanzministerium meldet, dass bis zum 29. Januar knapp 60 Prozent der erwarteten Erklärungen elektronisch eingegangen sind, neun Prozent auf Papierformularen.

Bei einer ausbleibenden Erklärung kann das zuständige Finanzamt einen Verspätungszuschlag fordern oder ein Zwangsgeld festsetzen. Wird die Grundsteuererklärung gar nicht abgegeben, schätzt das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen – was sich für den Eigentümer  nachteilig auswirken könnte.

Tatsächlich hat Bergkamen sämtliche Meldungen elektronisch mit Elster eingereicht beim zuständigen Finanzamt in Hamm. Gerade Kommunen berichten von Problemen mit der digitalen Übermittlung, weil sich bei städtischen Liegenschaften häufig Probleme bei Nutzungskombinationen ergeben. Wenn die Schule eine öffentliche Nutzung hat und steuerbefreit ist, wie sieht es mit der Hausmeisterwohnung aus? Und wie sind kleinste Grünstreifen zu bewerten? Gehören die zur Straße oder zur angrenzenden landwirtschaftlichen Fläche? Da wird die Sache vertrackt, denn Straßen, Wege und öffentliche Plätze zum Beispiel müssen nicht bewertet werden“, weiß der Leiter des Liegenschaftsamtes.

Elster Grundsteuer
Die Stadt Bergkamen hat alle Angaben zu ihren Liegenschaften digital verschickt. Allerdings war dazu manchmal auch die Hilfe der Mitarbeiter in der Finanzbehörde nötig. © IMAGO/Rolf Kosecki

Auch die Verwaltung holt sich Hilfe

„Ganz ohne Hilfe ging das nicht“, gesteht Ralf-Dieter Brauner. „Wir haben Kontakt mit dem Finanzamt aufgenommen und die Kollegen dort in Zweifelsfällen um Rat gefragt. Aber auch die tappten anfangs im Dunkeln, weil einige Regeln unklar waren.“ Aber von Datensatz zu Datensatz habe sich beim Kollegen Klaus Teise immer mehr Routine eingestellt. „Und am vergangenen Donnerstag haben wir die letzten Datensätze abgeschickt“, freut sich Ralf-Dieter Brauner, dass jetzt wieder Luft für das etwas abwechslungsreichere Tagesgeschäft ist. „Hausaufgaben erledigt!“ Damit steht die Bergkamener Verwaltung im Vergleich zu vielen Nachbarkommunen gut da. „Ohne Verlängerung des Abgabetermins hätten wir es aber auch nicht geschafft“, räumt er ein.

Lange Wartezeiten beim Finanzamt

Der hohe Beratungsbedarf und die Mehrbelastung durch die Grundsteuererklärungen – rund 52 900 Erklärungen (Stand 23. Januar), etwa 55 Prozent, seien bisher in der Hammer Finanzbehörde eingegangen, bestätigt deren Chef, Dirk Oeler – führt wiederum zu höheren Arbeitsbelastungen. Das geht unter anderem zulasten der Bearbeitungszeit bei der Einkommenssteuererklärung: Mit einer vergleichsweise langen durchschnittlichen Bearbeitungszeit von 52 Tagen rangierte das Finanzamt Hamm bisher ohnehin auf einem hinteren Platz im Ranking des Online-Portals Lohnsteuer-kompakt.de.

Inzwischen müssen sich die Steuerpflichtigen im Einzugsbereich des Hammer Finanzamtes teilweise mehrere Monate gedulden, bis sie ihren Steuerbescheid erhalten. Und da fehlen noch rund 43 300 Grundsteuererklärungen, die in Hamm demnächst noch bearbeitet werden müssen.

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