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„Grüner“ Dampf für Bayer: Unternehmen kooperiert mit Nachbarn Eon

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Von: Jürgen Menke

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Bayer und Eon mit seinem Biomassekraftwerk (hinten) sind direkte Nachbarn: Jetzt gehen die Unternehmen eine Kooperation ein.
Bayer und Eon mit seinem Biomassekraftwerk (hinten) sind direkte Nachbarn: Jetzt gehen die Unternehmen eine Kooperation ein. © Jürgen Menke

Kooperation unter Nachbarn: Bayer in Bergkamen lässt sich künftig mit „grünem“ Dampf aus dem Biomassekraftwerk von Eon gleich neben dem Werksgelände beliefern. Damit spare man 12.500 Tonnen Kohlendioxid im Jahr ein, heißt es. Und billiger sei’s auf Dauer auch – trotz der 3,9 Millionen Euro Investitionskosten.

Bergkamen – Den rund 200 Grad heißen Dampf benötigt Bayer nur zu einem sehr geringen Teil zum Heizen von Gebäuden. Er wird vorwiegend als Prozesswärme zur Produktion pharmazeutischer Wirkstoffe benötigt. Sein Dampfnetz speist das Unternehmen bis dato ausschließlich mit Energie, die im eigenen Kraftwerk mit Erdgas gewonnen wird. „Demnächst sollen 20 Prozent des Bedarfs von Eon kommen“, berichtet Standortleiter Dieter Heinz.

Neubau von Leitungen

Er stellte die Pläne am Montag zusammen mit Eon-Vertretern vor. Demnach wird spätestens im dritten Quartal mit dem Bau von drei Leitungen zwischen beiden Werken begonnen: für Dampf, für Kondensat sowie für demineralisiertes Wasser, das Bayer Eon zur Dampfproduktion bereitstellt. Die Inbetriebnahme der neuen Anlagen ist fürs dritte Quartal 2024 vorgesehen. Eon tritt als Bauherr auf. Auch eine Leitung zum Datenaustausch zwischen den Werken ist geplant.

Das Biomassekraftwerk auf dem Gelände der ehemaligen Schachtanlage Monopol ist 2004 ans Netz gegangen, um aus Altholz Energie zu gewinnen. Zunächst wurde ausschließlich Strom produziert, später kam Fernwärme hinzu, die den Gemeinschaftsstadtwerken (GSW) Kamen, Bönen, Bergkamen zur Verfügung gestellt wird.

Auf gute Zusammenarbeit: (v.l.) Eon-Standortleiter Frank Abel, Patrick Schneckenburger, Geschäftsführer der Eon Energy Solutions GmbH, Bayer-Standortleiter Dieter Heinz und Fabian Wandelt, Leiter des Bayer-Kraftwerks.
Auf gute Zusammenarbeit: (v.l.) Eon-Standortleiter Frank Abel, Patrick Schneckenburger, Geschäftsführer der Eon Energy Solutions GmbH, Bayer-Standortleiter Dieter Heinz und Fabian Wandelt, Leiter des Bayer-Kraftwerks. © Jürgen Menke

„Bayer wird unser erster Dampf-Kunde“, erläutert Patrick Schneckenburger, Geschäftsführer der Eon Energy Solutions GmbH. Zwischen sechs und 18 Tonnen Dampf sollen pro Stunde geliefert werden. Dafür fährt das Kraftwerk, das rund 135.000 Tonnen Altholz im Jahr verbrennt, die Stromproduktion von zurzeit rund 140.000 Megawattstunden zurück.

„Wir switchen intern um“, formuliert es Schneckenburger. Die Versorgung des Fernwärmenetzes der GSW sei gleichwohl gesichert – auch über das Jahr 2025 hinaus, wenn der aktuelle Vertrag mit dem kommunalen Energieversorger auslaufe. „Wir verhandeln bereits über eine Verlängerung“, betont der Geschäftsführer.

Baustein zur Klimaneutralität

Bayer-Standortleiter Heinz beschreibt die Dampf-Kooperation als wichtigen Baustein zur Klimaneutralität, die das Unternehmen insgesamt bis 2030 erreichen will. In Bergkamen sei es etwa durch Optimierung von Prozessen und eine Erhöhung der Lösemittel-Recyclingquote gelungen, den Ausstoß an klimaschädlichen Gasen binnen drei Jahren um 19 Prozent zu senken.

Die CO2-neutrale Dampfversorgung trage dazu bei, den ökologischen Fußabdruck weiter zu verringern, sagt Heinz. Die 12.500 Tonnen Kohlendioxid, die absehbar nicht mehr ausgestoßen würden, bedeuteten eine Senkung um 15 Prozent.

Versorgungssicherheit steigt

Das Eon-Kraftwerk (thermische Leistung: 61,3 Megawatt; elektrische Leistung: 20 Megawatt) müsse zur Dampf-Lieferung zum Teil noch technisch umgerüstet werden, sagt Schneckenburger. Er nimmt schon weitere Projekte mit Bayer ins Visier, etwa die Nutzung der Abwärme aus dem Werk.

Für Bayer in Bergkamen ist die Dampf-Kooperation nicht nur ein großer Schritt zur Dekarbonisierung. Der Standort stärkt auch seine Versorgungssicherheit, indem es bald zwei Quellen zur Lieferung von Prozesswärme gibt. Pro Jahr benötigt Bayer rund 212.000 Tonnen Dampf.

Wirklich alles „grün“?

Wie „grün“ diese Energie ist, wenn sie aus Altholz gewonnen wird, darüber gehen die Meinungen auseinander. Kritiker bemängeln, dass bei der Verbrennung immer auch CO2 ausgestoßen wird. Schneckenburger verweist darauf, dass Holz ein nachwachsender Rohstoff ist und Altholz bereits einen Lebenszyklus etwa als Möbelstück oder Spanplatte hinter sich hat. „Bilanziell ist Altholz ein nachhaltiger Rohstoff“, betont Schneckenburger.

Die Dampf-Kooperation zwischen Bayer und Eon läuft den Angaben nach zunächst über zehn Jahre.

Die Unternehmen:

Bayer ist mit rund 1800 Mitarbeitern am Standort Bergkamen einer der größten Arbeitgeber in der Region. Das sogenannte „Supply Center Bergkamen“ ist der größte Produktionsstandort von Bayer für pharmazeutische Wirkstoffe. Weltweit bekannt ist er für die Produktion von hormonellen Wirkstoffen für Produkte der Empfängnisverhütung und der Frauengesundheit sowie für die Herstellung von Kontrastmitteln. 2022 wurden in Bergkamen laut Bayer Investitionen in Höhe von mehr als 60 Millionen Euro getätigt.

Eon ist ein internationales privates Energieunternehmen mit Sitz in Essen, das sich auf die Geschäftsfelder Energienetze und Kundenlösungen konzentriert. Zur Gestaltung einer grünen, digitalen und dezentralen Energiewelt entwickeln und verkaufen insgesamt rund 72.000 Mitarbeitende Produkte und Lösungen für Privat-, Gewerbe- und Industriekunden. Mehr als 47 Millionen Kunden beziehen Leistungen von Eon.

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