Mit dem Telefon am Ohr sei er dann in Unterwäsche vors Haus gelaufen. Der Beamte in der Leitstelle habe ihn gebeten, am Apparat zu bleiben und mitzuteilen, was er sehen kann. „Da sind dann zwei aus der Bank gelaufen und da vorne in einen dunklen SUV gesprungen“, sagt Fuchs und deutet zur Einmündung Seige. „Licht war keins an, aber der musste wohl auf die Bremse treten, weil’s ein Automatik war“, ergänzt Kai Krause. „Da schimmerte das Kennzeichen auf. Ich meine, GL stand drauf. Aber das ist bestimmt sowieso nicht echt.“
Dass Tobias Fuchs so schnell zur Stelle war, hatte seinen Grund: „Beim ersten Knall dachte ich noch, das sind wieder die Zeitungszusteller. Die machen hier früh mehr Rabatz als nötig. Denen wollte ich mal Bescheid sagen.“ Also riss er das Fenster auf – und ist nun froh, dass er heil geblieben ist.
Bis zur Ampel Richtung Volksbank seien die Flüchtenden davongeprescht, erzählt der Rünther. „Dann haben sie da gestanden, erst zu wenden versucht und sind dann doch zur Werner Straße weg. Als hätten sie aufs Navi geschaut“, vermutet Fuchs. Eine erste Streife sei bald da gewesen, „dann hat hier ein Polizeihubschrauber Runden gedreht“, erzählt Krause. Doch weder aus der Luft noch auf der Straße waren die Täter zu stoppen: keine Spur.
Reichlich Spuren der Verwüstung fanden sich indes in der Filiale und dem Umfeld. „Die Geschäftsstelle ist ein Totalschaden“, teilte der Vorstandsvorsitzende Tobias Laaß mit. Neben der Schalterhalle seien auch die rückwärtigen Büros zerstört. Die habe die Bank während der strengeren Corona-Auflagen zur räumlichen Trennung der Mitarbeiter genutzt. „Das ist aber seit einiger Zeit nicht mehr der Fall.“
Betreut wurde die Filiale Rünthe von einer Mitarbeiterin, die man getrost zu den persönlichen Institutionen im Ortsteil zählen kann. In Gedanken waren einige der Passanten am Morgen bei ihr. Sie habe sich nach dem Schreck entschieden, an der Verlegung der Kundenbetreuung nach Oberaden mitzuwirken und gleich mit angepackt, berichtet Laaß. „Sie wird die Rünther Kunden von dort aus betreuen.“
Ob die Bank in das angemietete Objekt zurückkehren oder in anderer Weise eine Anlaufstelle in Rünthe bieten wird, ließe sich noch nicht sagen. Dass der Trend zum Online-Banking der alten Präsenz in der Fläche zuwider läuft, erwähnte Laaß in diesem Kontext schon. „Und in Bezug auf den Automaten stellt sich auch die Frage, wie wir die Aufstellung verantworten können“, verwies der Sparkassenchef auf das erhebliche Gefährdungspotenzial bei derlei Sprengungen für das Umfeld. „Das wird immer brutaler und rücksichtsloser. Das erkennt man in diesem Fall schon daran, dass Feststoff-Sprengstoff verwendet worden ist.“
Die gute Nachricht: „Die Schließfächer und der Tresor haben standgehalten“, berichtete der Vorstand. Dieser speziell gesicherte Bereich befindet sich zudem an anderer Stelle im Gebäude.
Die Sorge, dass dort etwas zerstört worden sein könnte, trieb Edeltraut Schodrowski am Mittwochmorgen auf die Rünther Straße. Nach 40 Jahre in dem Ortsteil ist die Seniorin vor einiger Zeit nach Werne gezogen. „Aber solange es noch geht“, erzählt sie, „habe ich noch die Rünther Sparkasse genutzt.“ Geld abheben könne sie in Werne. Doch die alte Verbundenheit, auch zu der Filialleiterin, wog schwer – bis jetzt.
„Meine Tochter hat mich angerufen und von der Explosion erzählt“, sagt Schodrowski. „Da bin ich mal hergekommen. Ich habe hier ein Schließfach. Da ist hoffentlich nichts weggekommen.“ Während des Gesprächs schaut sie immer wieder zu den Polizisten und Bankleuten. „Vielleicht sehe ich die Leiterin und kann sie fragen.“ Aber bei aller Verbundenheit – das wird heute wohl nichts.
Wie meist nach solchen Straftaten teilte die Polizei nur das Nötigste und Offensichtliche mit, um Tätern keinen Hinweis auf ihre Erkenntnisse zu gewähren. Nachdem geprüft war, dass der Tatort betreten werden konnte, machten sich Kriminaltechniker ans Werk. Sie stellten fest, dass die Täter ohne Beute getürmt waren. Später fuhr später ein Geldtransporter vor, um Schützenswertes abzutransportieren.
Unbestätigt sind Angaben, dass die Täter hier wohl nicht mit Gas hantiert haben, wie in anderen Fällen, sondern mit Sprengstoff. Die Ermittlungen werden zentral von einer Gruppe im Landeskriminalamt geführt und mit anderen Fällen abgeglichen. Ob es ein bekanntes Muster gibt, weiß die Kreispolizei daher nicht. Die Rünther Feuerwehr sicherte den Bereich, half bei der Evakuierung und leuchtete den Tatort aus. Eine Bewohnerin wurde zeitweilig von der Stadt betreut, bis klar war, ob sie bei Verwandten unterkommt. Der Bauhof half mit Absperrungen und Reinigung des Umfeldes. Die Polizei bittet mögliche Zeugen um Hinweise: Tel. 02307/9213220 oder 921-0.