Natürlich müssten Gebühren kostendeckend sein, meinte Heinzel. Aber Gewinne und Verluste ließen sich über mehrere Jahre vortragen. Seine Fraktion sei bereit, in der angespannten Finanzlage vieler Haushalte ein höheres Risiko einzugehen.
Der Diskussion im Rat war ein teils polemisch geführter Schlagabtausch im Betriebsausschuss vorausgegangen. Dort warf SPD-Ratsherr Dennis Riller der CDU in Sachen Gebühren vor, den Bürgern „Sand in die Augen zu streuen“, weil heutige Verluste dem Bürger dann eben später in Rechnung gestellt werden müssten. Tenor: Man kann sich die Welt nicht so machen, wie sie einem gefällt.
Diese Pippi-Langstrumpf-Mentalität wies Heinzel energisch zurück – und konterte in Richtung Riller: „Sie haben das S im Namen Ihrer Partei. Denken Sie mal daran.“
Der Entsorgungsbetrieb Bergkamen (EBB) hätte die Umlage-Senkung gerne weitergegeben, hatte derweil dessen stellvertretender Leiter Stephan Polplatz wissen lassen. Allerdings: Die Verbrennung, Verwertung und Kompostierung von Abfalls machten unterm Strich 60 Prozent der Kosten aus; der Rest müsse selbst kalkuliert werden. Bei den Personalkosten müsse man bedenken, dass die meisten EBB-Mitarbeiter in den unteren Lohngruppen eingestuft seien, die bei Tariferhöhungen zuletzt prozentual am meisten profitiert hätten.
Zur abschließenden Beratung legte die Stadt Bergkamen eine Übersicht für die klassische Familie Mustermann vor. Demnach steigen die Gebühren 2023 unterm Strich um 0,94 Prozent; das entspricht 18,75 Euro (monatlich 1,56 Euro). Insgesamt werden 2023,30 Euro fällig, 2022 waren’s 2004,55 Euro. Die Belastung im Einzelnen:
>>> Abfall: Abfuhr und Entsorgung kosten aufs Jahr gerechnet 402 Euro (Restmüll: 291 Euro; Biomüll: 111 Euro). Das sind 4,52 Prozent (17,40 Euro) mehr.
>>> Straßenreinigung: Die Steigerung liegt hier bei 20,63 Prozent (9,75 Euro). Insgesamt werden 57 Euro fällig.
>>> Abwasser: Hier beträgt die Gebührenbelastung für das kommende Jahr 972 Euro (781,20 Euro für Schmutzwasser, 190,80 Euro für Niederschlagswasser). Der Betrag geht um 0,86 Prozent (8,40 Euro) zurück.
Bei der Gesamtbelastung der Familie Mustermann sind zudem 592,30 Euro an Grundsteuern für ein Einfamilienhaus eingerechnet (keine Veränderung gegenüber dem Jahr 2022). Weitere Berechnungsgrundlagen für den Muster-Haushalt sind: je 120 Liter Restmüll- und Biotonne, 180 Quadratmeter Abwasser, 120 Quadratmeter versiegelte Fläche, 15 Meter zu reinigende Straße (Straßen-Priorität 3).
In der Ratssitzung echauffierte sich BergAuf-Fraktionsvorsitzende Claudia Schewior darüber, dass die Stadt „Geld vom Bürger verlangt, das er nicht hat“. Derweil attestierte Angelika Lohmann-Begander (FDP) der Stadt eine „sehr großzügige Kalkulation“, die man nicht mittrage. Nach Ansicht von Thomas Grziwotz (Grüne) gibt es in der Gebührenfrage „keine Romantik“. Am Ende müsse das Aufkommen neutral sei, es gelte, nicht in etwaige Kostenfallen zu tappen.
Bei der Straßenreinigung, für die die Gebühr nun ebenfalls steigt (knapp 21 Prozent), bildeten sich im Rat die gleichen Fronten. So war es auch beim Thema Abwasser, obwohl die Gebührensätze hier leicht sinken.
Grund dafür ist bekanntlich die Neuberechnung der kalkulatorischen Zinsen nach dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts im Mai. Heinzel verwies darauf, dass sich seine CDU-Fraktion jahrelang gegen einen ihrer Ansicht nach zu hohen Zins gewehrt habe. Und er betonte: „Bergkamen ist und bleibt Spitzenreiter bei der Abwassergebühr.“
Das konnte Kämmerer Marc Alexander Ulrich nicht verneinen – aber relativieren, indem er die Bergsenkungen als Folge des Steinkohlenabbaus ansprach und die vergleichsweise hohen Investitionen in die Sanierung des Kanalnetzes, die geschultert werden müssten und sich in der Folge auch auszahlen würden. Der Stadt, so Ulrich, sei es im Zuge ihres „nachhaltigen Wirtschaftens“ unter anderem gelungen, seit 2015 die Grund- und Gewerbesteuern nicht erhöhen zu müssen. Sie bleiben nach Beschluss des Rates auch 2023 stabil (Hebesätze: Grundsteuer A: 350 Prozent; Grundsteuer B: 670 Prozent; Gewerbesteuer: 480 Prozent)
Beim Thema Klärschlammabfuhr, das nur wenige Bürger betrifft (die, die nicht ans städtische Abwassersystem angeschlossen sind), herrschte Einigkeit im Rat. Sie kostet – das geht auf eine CDU-Initiative zurück – 2023 knapp sechs Prozent weniger.