Von einer „krisenhaften Situation“ auf dem Energiemarkt sprach Baudrexl. Dass die GSW bei der Preisgestaltung noch relativ gut dastehe, hänge mit ihrer langfristigen Einkaufspolitik zusammen. Bis zu 2,5 Jahre im Voraus werde geordert – verbunden mit der Hoffnung, dass die Menge in der Zukunft ausreicht. Wenn nicht, müsse man sich am Spotmarkt eindecken. Dort seien die Preise deutlich höher als am Terminmarkt und wechselten mitunter stündlich.
Mit der Einführung von Neukunden-Tarifen reagierten die GSW als Grundversorger auf die erhöhte Nachfrage von Verbrauchern, die von ihren (Billig-)Anbietern gekündigt worden waren. Die Preise fielen deutlich höher aus, weil – so die Begründung – ja auch kurzfristig teuer Energie habe eingekauft werden müssen. Der Praxis hat der Gesetzgeber nun aber einen Riegel vorgeschoben.
„Alle Kunden zahlen künftig den Preis für Bestandskunden“, erläuterte Baudrexl. Das gelte beim Gas und auch beim Strom. Damit können die bisherigen Neukunden zumindest die aktuelle Preissteigerung gut verschmerzen. Die fällt nämlich geringer aus als der „Nachlass“ im Zuge der Neuregelung.
Baudrexl beziffert die Zahl der Neukunden im Bereich Erdgas auf 500 bis 1000. Sie würden ab Juli im Schnitt 22 Prozent weniger bezahlen. Noch höher falle die Entlastung beim Strom aus; hier würden die Preise um rund 60 Prozent sinken. „Die Mengen sind aber überschaubar“, sagte Baudrexl zu den finanziellen Auswirkungen auf sein Unternehmen. Die zusätzlichen Kosten, die durch die Neukunden entstanden seien, würden nun zumindest teilweise sozialisiert, räumte er ein.
Der GSW-Strompreis sinkt ab Juli netto um 3,723 Cent pro Kilowattstunde. So hoch ist noch die EEG-Umlage, die auf Geheiß der Politik vorzeitig wegfällt. „Ein Kunde mit einem Jahresverbrauch von 3500 kWh spart dadurch etwa 13 Euro pro Monat“, rechnete Baudrexl vor. Zugleich wies er darauf hin, dass auch auf dem Strom-Handelsmarkt Rekordpreise aufgerufen seien, weshalb eine „Preisanpassung“ auch in diesem Bereich nicht auszuschließen sei. Diese werde aber „frühestens zum 1. Oktober“ erfolgen.
Über die neuen Erdgas-Tarife informieren die GSW ihre Kunden noch schriftlich. Der jeweilige Verbrauch vor und nach dem Wechsel wird in der Jahresrechnung berücksichtigt – entweder mithilfe mathematischer Verfahren oder durch Zutun der Kunden. Diese können den GSW ihren Zählerstand zum 1. Juli online über www.gsw-kamen.de oder schriftlich mitteilen. Über die beabsichtigte Neuberechnung der Abschlagsbeträge werden die Kunden ebenfalls informiert.
Im Zuge des Wegfalls der EEG-Umlage gibt es derlei Info-Pflicht des Anbieters nicht. Doch auch hier bieten die GSW den Kunden die Möglichkeit, ihre Zählerstände mitzuteilen, damit taggenau abgerechnet werden kann.
Wie sich die Preise 2023 entwickeln, lässt sich laut GSW nicht sagen. Dazu gebe es noch zu viele Unbekannte. Tatsache aber sei: Beim Gaspreis etwa entfielen nur rund 48 Prozent auf Beschaffungs- und Vertriebskosten. Weitere Komponenten seien Steuern, Umlagen, Abgaben, Netznutzung und CO2-Bepreisung.