Die Suche nach den Jungtieren ist schwieriger als gedacht. Marcel Stangl von der 2021 gegründeten Kitzrettung kann ein Lied davon singen. Sein Verein sucht mittels Drohne, die mit einer Wärmebildkamera ausgestattet ist, im Auftrag von Jägern und Landwirten Flächen nach Rehkitzen ab. Rund 120 Anfragen hatte er im vergangenen Jahr. Dieses Jahr sind es so viele, dass er nicht alle annehmen kann. Hinzu kommt, dass Helfer fehlen. Auch eine weitere Drohne wäre hilfreich, doch die kostet bis zu 10 000 Euro.
„Ohne Wärmebildkamera bringt das nichts“, so Marcel Stangl, der über einen befreundeten Jäger zur Kitzrettung gekommen ist. 2020 hatte der ihn beim Absuchen einer Wiese um Hilfe gebeten. Sie wurden sogar fündig und die Kitze konnten fachlich korrekt, also ohne direkte Berührung, vorübergehend gesichert werden. Aber dann passierte es: Die Gruppe hatte ein Kitz übersehen. Das Tier geriet in die Klingen des Mähwerks. Damit war für die Helfer klar: „Da muss was passieren“. Das war dann der Auslöser für den Drohnenkauf. Dennoch bleibt der Aufwand für die Kitzrettung hoch. Das Mähen wird häufig in der Woche kurzfristig und in den Morgenstunden angesetzt. „Das geht nicht anders, der Landwirt muss sich dem Wetter anpassen“, versteht Stangl, dass eine langfristige Planung nicht möglich ist. Im besten Fall meldet der Landwirt sich beim Jagdpächter und spricht sich mit ihm terminlich ab. Der Jäger kontaktiert die Kitzrettung, die die Fläche kartiert und die Drohne programmiert.
Die Kitzrettung Unna und Umland hat derzeit 21 Mitglieder. Vorsitzender ist Marcel Stangl, Stellvertreterin Susanne Stangl. Spenden auf das Konto mit der IBAN: DE46 7001 7000 9400 4371 09, Verwendungszweck: Spende Kitzrettung. Kontakt: info@kitzrettung-un.de.
Je kühler der Boden, umso höher kann die Drohne fliegen und mehr Fläche erfassen. Für fünf Hektar braucht sie bei guten Bedingungen 20 Minuten. Müssen aber 100 Hektar abgeflogen werden, wird die Zeit knapp. Das ist in diesen Tagen in Bergkamen und Kamen der Fall.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Suche in den sehr frühen Morgenstunden stattfinden muss. Da Kitze eine niedrige Körpertemperatur haben und sich mit aufsteigender Sonne das Gras aufwärmt, ist das Kitz nach sechs Uhr nicht mehr zu sehen. „Da leuchtet die ganze Wiese wie ein Christbaum“, so Marcel Stangl. Spätestens um fünf, frühestens um 2 Uhr stehen sie deshalb mit mehreren Helfern an den Wiesen.
Sobald die Drohne ein Kitz entdeckt hat, werden die Helfer mit einem markierten Korb zum Jungtier geschickt. Das ist schwierig, weil es schlimmstenfalls noch dunkel ist und die Kitze derart gut getarnt sind, dass die Gefahr besteht, dass die Helfer auf sie treten. Deshalb werden sie auf dem letzten halben Meter zentimeterweise gelotst.
Sobald der Jäger alle gefundenen Kitze gesichert hat, beginnt das Mähen. Der Landwirt lässt das Gras an den entsprechenden Stellen stehen, damit die Jungtiere zurückgesetzt werden können. Anschließend wird die Stelle beobachtet, um zu prüfen, ob die Ricke zurückkommt und das Kitz versorgt. Nur wenn das scheitert, was selten der Fall ist, wird das Kitz in eine fachkundige Aufzuchtstelle gebracht.
Hilfe könnten die Kitzretter gut gebrauchen. Spendengelder helfen, um die anfallenden Kosten aufzufangen. Auch fehlt es an einer weiteren Drohne, nachdem im Freundeskreis eine Drohne mit Wärmebildkamera durch einen technischen Defekt zerstört wurde. „Jetzt haben wir noch mehr zu tun, weil die zweite Drohne fehlt“, bedauert Marcel Stangl. Freiwillige Helfer sind herzlich willkommen, müssten aber in den sehr frühen Morgenstunden werktags verfügbar sein. Im Gegenzug würde der Verein neuen Mitgliedern einen Drohnenführerschein finanzieren. Die Einarbeitung übernimmt der Verein.
Dazu gehört auch, mehr über das Verhalten der Kitze zu lernen. Die sind nämlich nicht nur vom Mähwerk bedroht, sondern auch von Hunden, die durch das Gras laufen. „Es reicht, wenn der Hund am Kitz schnüffelt oder es ableckt. Das war’s dann. Die Ricke wird das Kitz nicht mehr annehmen“. Deshalb bitten die Tierfreunde dringend darum, Hunde während der Brut- und Setzzeit anzuleinen und keinesfalls über Wiesen laufen zu lassen.