Herbert Dörmann, Geschäftsführer der Werkstatt, sieht darin jedoch kein Problem. „Wir werden versuchen, die KoBe-Beschäftigten in neue IGA-Projekte vor Ort einzubinden“, erläutert er. Dazu sei man mit den Städten Bergkamen und Lünen sowie mit den mit der Planung beauftragten Unternehmen im Gespräch.
Falls es keine direkte Anschlussbeschäftigung gebe, könnten die Betroffenen zunächst an anderer Stelle im Betrieb Hand anlegen. „An Aufträgen mangelt es uns nicht“, schildert Dörmann. Im neuen Jahr 2023 soll zumindest schon mit dem Bau des IGA-Radwegs zwischen Bergkamen und Lünen begonnen werden.
Die Werkstatt-Beschäftigten würden vor allem Tätigkeiten verrichten, für die viel Handarbeit erforderlich sei, erläutert Dörmann. „Das geht von der Pflege von Gehölzen bis zum Anlegen wassergebundener Fahrbahndecken für Rad- und Fußwege.“ Man dürfe aber nicht vergessen, dass die Beschäftigten teils viele Jahre keiner erwerbsmäßigen Arbeit nachgegangen seien. „Sie brauchen Unterstützung – und bei allem etwas länger.“
Nichtsdestotrotz ist sich Dörmann sicher, dass ein Teil der Beschäftigten über das IGA-Engagement den Weg zurück auf den allgemeinen Arbeitsmarkt finden kann. „Klebeeffekt“ nennt er das, wenn im Kontext einer Maßnahme ein Unternehmen auf einen Beschäftigten aufmerksam wird und diesem eine neue Chance auf regelmäßige Arbeit und regelmäßiges Einkommen gibt.
Die „Werkstatt im Kreis Unna“ startete im März 1983 mit 35 Jugendlichen in Bildungs- und Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in den Berufsfeldern Metall, Holz, Zweirad und Bau. Mittlerweile bietet sie als GmbH Aus- und Weiterbildungen in 20 Berufsfeldern, kooperiert mit 32 Schulen im Kreis Unna und rund 1200 Betrieben. Die Zahl der Teilnehmerplätze beläuft sich auf 1450. Jedes Jahr führt die Werkstatt Angebote für rund 6500 Menschen durch. 500 Frauen und Männer sind bei der Werkstatt und deren Tochtergesellschaften beschäftigt. Das Unternehmen hat kreisweit 15 Standorte. In der Produktionsschule „In der Schlenke“ in Bergkamen stehen die Holz- und Metallbearbeitung im Vordergrund. Der Bereich des Garten- und Landschaftsbaus ist vornehmlich in Lünen angesiedelt.
Die Motivation der KoBe-Teilnehmer sei hoch, sagt Dörmann. „Nicht zuletzt, weil sie wissen, dass ihre Arbeit später von vielen Besuchern bestaunt wird.“ Die IGA biete ein attraktives Arbeitsfeld für viele Jahre, der Weg zurück auf den Arbeitsmarkt dauere mitunter ebenso lange. „Unsere Beschäftigten haben etwas drauf – das wissen wir. Doch ihre Fähigkeiten sind verschüttet und kommen wegen vielfältiger Probleme nicht zum Vorschein.“ Fehlender Tagesrhythmus, psychische Erkrankungen, Schulden, Suizidalität – dies könnten solche Probleme sein.
Die Werkstatt geht nicht nur auf Menschen zu, die den beruflichen Pfad aus den Augen verloren haben, sondern auch auf jene, die ihn noch suchen. Dazu führt sie jährlich mit rund 3500 Schülern Potenzialanalysen durch, begleitet in seinem eigenen Berufskolleg rund 700 Lernende bis zum Abschluss und betreibt Produktionsschulen, in denen junge Erwachsene durch praktisches Tun ihre Fähigkeiten entdecken und entwickeln können.
„70 bis 80 Prozent der Jugendlichen, die die Schule nach der Sekundarstufe 1 verlassen, besuchen zunächst ein Berufskolleg, weil sie oft nicht wissen, was sie sonst machen sollen“, sagt Dörmann. Im Gegenzug gebe es im Kreis Unna zig unbesetzte Ausbildungsstellen. Das treibe ihn auch persönlich um, sagt der 67-Jährige.
Die Werkstatt will Jugendlichen Perspektive bieten – insbesondere jenen, die ohne Abschluss dastehen, aus problematischen sozialen Verhältnissen kommen, Verhaltensauffälligkeiten zeigen, vielleicht schon Erfahrungen mit Drogen und Polizei gemacht haben oder vor einer besonderen Herausforderung stehen, weil sie neu nach Deutschland gekommen sind. „Wenn man Menschen Zeit gibt und gute Rahmenbedingungen schafft, geht immer was“, sagt Dörmann und schließt dabei auch die Älteren mit ein. Gerne verweist er auf die 26-Jährige, die – begleitet von der Werkstatt – eine außerbetriebliche Ausbildung zur Verkäuferin gemacht hat und bei der Abschlussprüfung vor der IHK die Bestnote erzielte.