Sozialbetrug und Schleusung in Nagelstudios: 28-Jähriger Bergkamener mutmaßlicher Mittäter
Bei einem Schlag der Behörden gegen systematische illegale Beschäftigung vietnamesischer Frauen ohne Aufenthaltsrecht in insgesamt 17 Nagelstudios ist ein 28-Jähriger aus Bergkamen als mutmaßlicher Mittäter ins Visier der Staatsanwaltschaft geraten. Er wurde mit fünf weiteren Verdächtigen in Untersuchungshaft genommen. Der Schaden der Sozialkassen soll 1,78 Millionen Euro betragen. Es steht zudem der Verdacht der Bandenbildung und gewerbsmäßigen Schleusung im Raum.
Bergkamen/Münster – Die Staatsanwaltschaft Münster hat Anklage erhoben. Den sechs Beschuldigten wird vorgeworfen, von 2014 bis zu ihrer Festnahme im November 2019 Frauen aus Vietnam in Studios im Münsterland, Ostwestfalen und im Rheinland illegal beschäftigt und ausgebeutet zu haben. Ein Studio befand sich in Werne, Bergkamen war lediglich Wohnsitz des Mitangeklagten 28-Jährigen.
Der Bergkamener ist vietnamesischer Staatsangehöriger. Alle Beschuldigten haben Wurzeln in diesem Land, teils auch die deutsche Staatsbürgerschaft, und zum Teil verwandtschaftliche Beziehung zueinander. Die sechs Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft. Der 28-Jährige hat sich nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft als einziger zu dem Geschäftsmodell eingelassen, die anderen schweigen.
Die Frauen hätten meist ohne Sozial- und Krankenversicherungsschutz sechs Tage pro Woche und täglich zehn Stunden unter Videoüberwachung gearbeitet. Weil sie die Behörden prellten, hätten sie die Konkurrenz massiv unterboten, mit den baren Monatslöhnen um 2 600 Euro die Beschäftigten aber noch relativ hoch bezahlt.
Drahtzieher sollen ein 47-Jähriger mit deutschem und vietnamesischem Pass ohne festen Wohnsitz, sein Bruder (54) aus Münster mit beiden Staatsangehörigkeiten und die gemeinsame Nichte (37) sein. Sie sollen alles organisiert haben. Der 28-Jährige und ein Vietnamese (40) aus Paderborn (beides Vietnamesen) sollen die Studios betrieben und Gewinnanteile abgetreten haben. Konten und Papiere soll demnach eine 31-Jährige Vietnamesin aus Rottweil zur Verfügung gestellt haben. Sie beglich laufende Kosten und mietete die Unterkünfte, so die Anklage. Das Landgericht entscheidet über die Zulassung.