Küsse und Berührungen
Arzt wegen fortgesetzter sexueller Belästigung seiner Auszubildenden verurteilt
Mit dem Ergebnis hatte der in Bergkamen ansässige Arzt offenbar nicht gerechnet: Acht Monate auf Bewährung wegen sexueller Belästigung seiner Auszubildenden, entschied der Richter im Amtsgericht Kamen.
Bergkamen – Die Staatsanwaltschaft warf dem Mediziner vor, zunächst von 2015 bis 2018, dann von 2018 bis Anfang 2019 insgesamt zwei Auszubildende mehrfach über der Kleidung am Gesäß, an den Brüsten und auch mal im Schritt berührt zu haben. Zudem soll er sie an Wange und Hals geküsst haben.
Die länger zurückliegenden Vorfälle gab der Angeklagte zu, stellte die Situation aber so dar, dass durch die heute 23-Jährige eine sexuelle Atmosphäre in der Praxis entstanden sei. „Die Initiative ist von ihr ausgegangen“, so der Bergkamener.
"Die Initiative ist von ihr ausgegangen"
Die Frau habe ihn provoziert, sei ständig in sein Zimmer gekommen, habe ihm ein Buch mit Liebesgedichten geschenkt und sogar vor seiner Tür gestanden. Deshalb sei er bei den Berührungen von einem Einverständnis ihrerseits ausgegangen. Bezüglich der späteren Auszubildenden stritt er sämtliche Vorwürfe ab.
Die 24-Jährige konnte den Richter sowie den Vertreter der Staatsanwaltschaft mit ihrer Zeugenaussage allerdings vom Gegenteil überzeugen. Erst sei alles normal gewesen, erklärte die junge Frau. Dann habe ihr Chef angefangen, ihre Figur als perfekt und sexy zu bezeichnen.
Er zog sie auf seinen Schoß
Schließlich sei es zu ersten Berührungen an Brust und Gesäß gekommen. Aus Angst habe sie sich krank schreiben lassen, was eine Abmahnung zur Folge hatte. Bei einer Gelegenheit habe der Angeklagte sie auf seinen Schoß gezogen und seinen Kopf zwischen die Brüste der Frau gesteckt.
Ende Februar vergangenen Jahres habe er das Fass zum Überlaufen gebracht, als er sich der 24-Jährigen in seinem Zimmer von hinten annäherte, sie umarmt, ihre Brüste mit beiden Händen angefasst, ihr einen Kuss auf den Hals gegeben und sie gegen die geschlossene Tür gedrängt habe. Danach habe sie sich erneut krankschreiben lassen, was ihr eine Kündigung eingebracht habe.
Übergriffe belasten die Frau noch heute
Für sie seien die Übergriffe sehr schlimm gewesen. Durch die Vorfälle habe sich eine dauerhafte Organerkrankung entwickelt. Zudem könnte sie ihren Beruf nicht mehr ausüben, habe eine andere Ausbildung begonnen. Auch die Beziehung zu ihrem Freund leide sehr unter dem Geschehenen.
Davon berichtete ebenfalls die frühere Auszubildende. Über drei Jahre hinweg habe der Arzt sie angefasst, ihr gesagt, dass er Sex mit ihr wollte, sie liebe, seine Frau für sie verlasse und Kinder von ihr wolle. Aus Angst, keine neue Ausbildungsstelle zu bekommen, habe sie durchgehalten, erklärte die 23-Jährige.
Videos über die Taten aufgenommen
Sie habe aber mit Lehrern ihrer Berufsschule darüber gesprochen. Um die Übergriffe zu beweisen, hatte die Zeugin drei Videos aufgenommen. Auf einer Sequenz steckt der Angeklagte seine Hand unter das Shirt einer dritten Angestellten. Im zweiten Video gibt er derselben Frau einen Kuss auf die Wange, und der dritte Film zeigt, wie der Arzt seine Hand an den Beinen der hinter ihm stehenden Filmerin hochschiebt.
Was für die 23-Jährige als positiver Beweis wirkte, fiel der aufgenommenen Kollegin schwer auf die Füße. Vor Inaugenscheinnahme der Videos hatte sie im Zeugenstand erklärt, nie angefasst worden zu sein. Mit den Aufnahmen konfrontiert, gab sie an, es nicht als schlimm empfunden zu haben.
Für den Richter stand am Ende fest, dass sich der Arzt schuldig gemacht hatte. Als Bewährungsauflage muss er jeweils 3000 Euro an die Geschädigten und 2000 Euro an die Gerichtskasse zahlen.jape