Aufgefallen ist das größere Vorkommen des streng geschützten Amphibiums im vergangenen Herbst, als in gewisser Weise schon alles im Eimer war: „Wenn wir sonst die Kröten an der Erich-Ollenhauer-Straße eingesammelt haben, dann haben wir übers Jahr vielleicht 20 Kammmolche gesehen“, berichten Kirsten Reschke von der Amphibiengruppe. „Aber auf einmal waren die Eimer voll davon.“ 492 Tiere dieser Gattung der Schwanzlurche hätten die ehrenamtlichen Betreuer des Krötenschutzzauns an der K 16/Ollenhauer-Straße gezählt. „Wir gehen davon aus, dass noch einmal 400 Exemplare dort gesammelt wurden, wo Straßen.NRW entlang der Baustelle zuständig ist.“
Auf der vormaligen Wiese westlich des Bergsenkungsgewässers nämlich, auf der seit vergangenem Juni der Kreisverkehr für die Anbindung der L821n samt neuer Einmündung der Straße In der Schlenke entsteht. Dort hatte der Triturus cristatus unbemerkt seinen Lebensraum im Winter – bis die Bagger kamen, wie es aussieht.
Denn danach schlug der Kammmolch bei der Rückwanderung vom Schwanenweiher in die Winterresidenz notgedrungen einen anderen Weg ein und landete im Eimer der Krötensammler an der Kreisstraße nördlich des Gewässers. Zudem ist Straßen.NRW zur Auflage gemacht, die Baustelle westlich des Tümpels vorsichtshalber mit einem Amphibienschutz zu sichern. Da zeigte sich der Molch dann plötzlich auch.
Damit ist die 15 Jahre alte Expertise zu der 2008 genehmigten Straßen widerlegt. „Die L821n verläuft in einem Abstand von 75 Metern westlich der Randzone des Bergsenkungsgewässers“, heißt es darin. Die „Haupt-Amphibienzentren“ blieben „unangetastet. Erhebliche Beeinträchtigungen der Laich- und Landhabitate sind für diese Art nicht zu erwarten.“
Sobald nun die Temperaturen steigen, setzt sich der von oben unscheinbar schwarze, bäuchlings aber grellgelb gezeichnete Molch fürs Laichen im Gewässer in Bewegung. Im Unterschied zur Kröte, die bald darauf den Rückweg antritt, bleiben diese Tiere bis in den Herbst im Tümpel. Und das stellt die ehrenamtlichen Naturfreunde vor eine Aufgabe, die über ihre Kräfte geht.
„Wir schaffen es wohl, während der Krötenwanderung die Schutzzäune zu kontrollieren, aber wir können das nicht auch noch leisten, wenn darüber hinaus der Kammmolch unterwegs ist“, sagt Reschke. Das hat auch die Umweltbehörde des Kreises schon überzeugt. Dass die vielen Molche in der dieser Tage einsetzenden Wanderung nicht allein von den Ehrenamtlern über die K16 getragen werden können, ist Teil der Feststellungen und Forderungen des Kreises an Straßen.NRW als Urheber.
Denn es ist wohl gewiss, dass sich die Molche nun wieder in großer Zahl auf eine Wanderroute begeben, auf der die Querung der Straße den massenhaften Tod bedeuten würde, gäbe es die saisonalen Zäune nicht. Von der Wiese vertrieben, sind die Molche nun auf der anderen Straßenseite am Fuße der Halde Großes Haus und der angrenzenden Wiese heimisch geworden.
Damit dieses Habitat sicher zu erreichen und der Erhalt des Vorkommens gesichert ist, schlägt der Kreis den Bau von dauerhaften Leitzäunen und Amphibientunneln unter der Kreisstraße vor. Bezahlen soll das, wie auch Kräfte für die „Sofortmaßnahme“ des Über-die-Straße-Tragens, Straßen.NRW als Verursacher. Dazu kommt eine gründliche Dokumentation und Beobachtung der Population über drei Jahre.
Aber davon will der Bauherr nichts mehr wissen, wie die Verwaltung im Kreis-Umweltausschuss zu Wochenbeginn ausführte. Anfänglich habe sich das anlässlich eines Ortstermins unter Beteiligung der Ehrenamtler um Reschke – Mitglied der Fraktion „Grüne im Kreistag“ übrigens – anders angehört.
Ende November hatte man sich getroffen, Straßen.NRW dazu sogar schon ein Amphibienschutzkonzept erstellen lassen. Doch das genüge nicht, um den Verlust des Lebensraums auszugleichen, monierte der Kreis. Doch ein weitergehendes Konzept lehnte der Landesbetrieb mitte Januar dann ab: Maßnahmen an der K16 seien Sache des Kreises selbst. Und die Träger öffentlicher Belange hätten ja im „Planfeststellungsverfahren Einwände gegen die Beeinträchtigungen der Umweltbelange erhoben“. Als sei der Molch da nicht übersehen worden.
Die Kreisverwaltung hat daraufhin postwendend die Bezirksregierung als Genehmigungsbehörde gebeten, den erweiterten Amphibienschutz einzufordern. Aber hier mag die Obere Naturschutzbehörde nicht Schiedsrichter sein. Die Arnsberger haben das Landesamt für Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) als Instanz des Ministeriums eingeschaltet. Mit den Fachleuten dort sollen sich der Kreis Unna und der Landesbetrieb zügig an einen Tisch setzen, um einvernehmlich zu einer Lösung zu kommen.
Der Kammmolch wird darauf wohl kaum warten.