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Als in Rünthe noch eigene Weihnachtskarten gedruckt und verschickt wurden ...

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Von: Manuel Izdebski

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Dies Ansichtskarte mit „Festtagsgrüßen aus Rünthe“ stammt aus den 1950er-Jahren. Sie zeigt die Herz-Jesu-Kirche (links) in ihrer ursprünglichen Form sowie die damalige Christuskirche an der Werner Straße.
Dies Ansichtskarte mit „Festtagsgrüßen aus Rünthe“ stammt aus den 1950er-Jahren. Sie zeigt die Herz-Jesu-Kirche (links) in ihrer ursprünglichen Form sowie die damalige Christuskirche an der Werner Straße. © Manuel Izdebski

Im Zeitalter der Digitalisierung sind Weihnachtskarten aus der Mode gekommen. Gute Wünsche zum Fest werden heute per WhatsApp oder anderen Messengerdiensten mit dem Smartphone versendet. Vor über 60 Jahren verschickten die Rünther eine Karte, die aus dem Verlag von Egon Weber stammt.

Rünthe – Er führte gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Schreibwarengeschäft mit angeschlossener Druckerei an der damaligen Schulstraße 91. Im Laden deckten sich viele Rünther Schulkinder mit Heften, Füllhaltern und Stiften ein. Schon 1946 hatten sich die Eheleute in Rünthe selbstständig gemacht. Ein kleiner Postkartenverlag rundete ihr Angebot ab. So entstanden im Laufe mehrerer Jahrzehnte zahlreiche Ansichtskarten aus Rünthe, darunter viele Luftbilder.

Die ehemalige Druckerei: Früher lag sie an der Schulstraße, die heutige Adresse ist Rünther Straße 91.
Die ehemalige Druckerei: Früher lag sie an der Schulstraße, die heutige Adresse ist Rünther Straße 91. © Menke

Die Weihnachtskarte mit den „Festtagsgrüßen aus Rünthe i. Westf.“ ist ein besonders schönes Exemplar, das im Stil der Zeit um 1957 verlegt wurde. Dem feierlichen Anlass entsprechend, sind als Motiv die beiden damaligen Rünther Kirchen im winterlichen Kleid zu sehen. Links die katholische Herz-Jesu-Kirche in ihrer ursprünglichen Bauweise. Der alte Kirchturm musste 1959 wegen Bergschäden abgerissen werden.

Postleitzahlen gab’s noch nicht

Das rechte Motiv zeigt die Christuskirche an der Werner Straße, die 1902 eingeweiht wurde und das erste Gotteshaus in Rünthe war. Weil das Gebäude mit Hausschwamm befallen war, erfolgte 1989 der Abbruch.

Auffällig ist, dass alle Postkarten der damaligen Zeit in der Ortsbezeichnung die Ergänzung „in Westfalen“ tragen. Das hatte weniger mit Lokalpatriotismus zu tun, sondern diente der besseren Verortung. Die kleine Gemeinde Rünthe wäre sonst auf einer Landkarte kaum zu finden gewesen. Zur besseren Orientierung sorgten auch Zusätze wie „Rünthe bei Hamm/Westf.“ oder „Rünthe bei Kamen/Westf.“

Eine typische Werbeanzeige aus der damaligen Zeit – dem „Einwohnerbuch“ von 1956 entnommen. Der kleine Rünther Verlag „Egon Weber“ machte dort – wie auch die Volksbank – auf sich aufmerksam.
Eine typische Werbeanzeige aus der damaligen Zeit – dem „Einwohnerbuch“ von 1956 entnommen. Der kleine Rünther Verlag „Egon Weber“ machte dort – wie auch die Volksbank – auf sich aufmerksam. © Manuel Izdebski

Ein Postleitzahlensystem, wie wir es heute kennen, wurde in der Bundesrepublik erst 1962 eingeführt. Typischerweise erschienen im Verlagshaus von Egon Weber ausschließlich Ansichtskarten in Schwarz-Weiß. Erst ein paar Jahre später waren Postkarten mit farbigen Aufnahmen aus Rünthe bei Heinrich Hänser (später Schweins) erhältlich, einem weiteren Schreibwarenhändler auf der früheren Schulstraße.

Gegen Ende der 1970er-Jahre wurde das Schreibwarengeschäft von Egon Weber geschlossen, schon eine Weile zuvor war der Betrieb der Druckerei, die sich im Hinterhof befand, eingestellt worden. Die alten Ansichtskarten aus dem Verlag werden noch immer in den Foren der Postkartensammler gehandelt. Früher für ein paar Groschen erhältlich, zahlt man heute zwischen sieben und zwölf Euro für ein Exemplar. Die historischen Aufnahmen bieten einen spannenden Blick auf die Zeit, als Rünthe noch eine Kolonie der Zeche Werne war und der Bergbau im Ort den Takt bestimmte.

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