„Überraschend“ sei das Urteil des Oberverwaltungsgerichts in Münster gewesen, meinte Ulrich. Im Kern geht es darin um die Frage, wie hoch die kalkulatorischen Zinsen bei der Gebührenkalkulation ausfallen dürfen. Hinter diesem Begriff verbirgt sich die Erwartung einer Kommune, dass das Kapital, das sie zum Bau des von Dritten genutzten Kanalnetzes eingesetzt hat, auch Gewinn abwirft.
Bis dato wurden zur Erhebung des kalkulatorischen Zinssatzes die Zinswerte aus den vergangenen 50 Jahren herangezogen. Das ist laut dem OVG nicht mehr möglich; die Richter halten zehn Jahre für angemessen.
In Bergkamen wurde der kalkulatorische Zinssatz zuletzt von 4,9 auf 4,5 Prozent gesenkt. Die kommende Senkung dürfte weitaus höher ausfallen. Ulrich hat nachgerechnet: Bei Berücksichtigung des Zinsniveaus der zurückliegenden zehn Niedrigzins-Jahre käme man gerade einmal auf 0,46 Prozent.
Zumeist flossen jährlich rund fünf Millionen Euro vom SEB an die Stadt. Zwar freue er sich für die Bürger über die zu erwartende Gebührensenkung, meinte Ulrich. Gleichwohl stehe die Kommune nun vor einem großen Problem, zumal sich die Rahmenbedingungen für 2023 – Stand heute – generell deutlich verschlechtern würden. Sparen oder neue Einnahmequellen erschließen – das scheint aktuell die entscheidende Frage zu sein.
Er werde bis zum Jahresende Vorschläge erarbeiten, sicherte Ulrich der Politik zu – und dabei etwa auch die Empfehlungen des Städte- und Gemeindebundes berücksichtigen. Insgesamt müsse sich die kommunale Landschaft angesichts des Urteils „neu sortieren“. Das dauere seine Zeit.
Ulrichs Ausführungen wurden im Ausschuss kaum diskutiert. Auch die CDU, die Rückerstattungen an Gebührenzahler erwägt, hielt sich zurück. Das dürfte sich im Haupt- und Finanzausschusses am 8. Juni ändern, wenn der CDU-Antrag zum Thema auf dem Tisch liegt.
Apropos Rückerstattungen: Auf die können vor allem jene Bürger hoffen, die Rechtsmittel gegen den jüngsten Bescheid eingelegt haben. Laut Ulrich liegen Klagen eines Gebührenzahlers für zwei Grundstücke vor, zudem gebe es sieben Widersprüche. Insgesamt gehe es hierbei um 90.000 Euro.