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Abrechnungsaffäre: Kreistagsmehrheit setzt Beschuldigten Grenzen und löst Ausschuss auf

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Von: Bernd Kröger

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Mit der Geduld am Ende: Die Fraktionschefs Hartmut Ganzke (SPD), Herbert Goldmann (Grüne im Kreistag), Michael Klostermann (FDP) Marco Morten Pufke (CDU) mit dem Antrag auf Küppers Ablösung.
Mit der Geduld am Ende: Die Fraktionschefs Hartmut Ganzke (SPD), Herbert Goldmann (Grüne im Kreistag), Michael Klostermann (FDP) Marco Morten Pufke (CDU) mit dem Antrag auf Küppers Ablösung. © Kröger, Bernd

Eine breite Mehrheit der 69 Kreistagsmitglieder mag nicht länger zur Tagesordnung übergehen, während die staatsanwaltlichen Ermittlungen in der Abrechnungsaffäre gegen drei Beschuldigte in ihren Reihen das Vertrauen in die Politik erschüttern.

Unna/Bönen – Unschuldsvermutung hin oder her: Die Auseinandersetzung über die Betrugsvorwürfe bei der Abrechnung von Sitzungsgeldern ist in der Kreistagssitzung am Dienstag eskaliert und erreicht zudem die Versammlung des LWL (Infokasten).

Gemeinsamer Antrag auf Ablösung

Angesichts der demonstrativen Gleichgültigkeit, mit der Marion Küpper selbst nach ihrem Ausschluss bei „Bündnis 90/Die Grünen“ den Ruf nach persönlichen Konsequenzen ignoriert, haben ihr SPD, CDU, „Grüne im Kreistag“ und FDP erneut den Vorsitz im Gesundheitsausschuss streitig gemacht. Nach fruchtlosem Appell nun mit gemeinsamem Antrag.

Aber: Keine qualifizierte Mehrheit

Aber: Die erforderliche qualifizierte Mehrheit erreichten sie nicht, weil die Fraktion „Die Linke/UWG“ nicht mitzog. Das Pikante daran: Der Vorsitzende Dr. Hubert Seier ist selbst mit dem Vorwurf des Betrugs mit Sitzungsgeldern konfrontiert. Nur rückten da nicht die Ermittler zur Hausdurchsuchung an wie bei Küpper, ihrem Grünen-Mitstreiter Timon Lütschen und im Büro ihrer „kleinen Grünen-Fraktion“ Anfang November.

Nach diesem Paukenschlag kam Lütschen der Forderung nach Fraktionsaustritt nach und lässt sein Mandat ruhen, wie es die Partei gefordert hat. Marion Küpper verweigert indes jede Geste und mochte sich auch jetzt nicht äußern. Die kleinere Grünen-Formation im Kreistag schloss sie aus und verlor den Fraktionsstatus. Dr. Gerrit und Ehefrau Daniela Heil aus Bönen bilden nun die „Gruppe Bündnis 90/Die Grünen“.

Küpper rückt beim LWL nach

Die Grünen im „Parlament“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) belastet die Affäre nun auch. Dorthin hat seine Partei Timon Lütschen als Kreis-Vertreter entsandt und ihm Ersatz für den Fall des Ausscheidens mitgegeben: Marion Küpper. Sie wird, trotz gegenteiliger Appelle der LWL-Grünen, nachrücken, da Lütschen dort wegen der Affäre gegangen ist. Die LWL-Grünen lehnen eine Zusammenarbeit ab.

Daneben gibt es noch die Fraktion „Grüne im Kreistag“ um den altgedienten Sprecher Herbert Goldmann. Der machte nun mit SPD, CDU und FDP gemeinsame Sache: Um Schaden von der Demokratie abzuwenden, wie es Dienstag abermals hieß. Die Gruppe „GfL/WfU“ schloss sich dem Ruf nach Ablösung an: Der Vorsitz sei über das Zugriffsrecht ihrer Fraktion an Küpper gegangen. Die Fraktion existiere aber nicht mehr, der Verbleib im Vorsitz bilde die Verhältnisse nicht mehr korrekt ab.

Stattdessen: Sofortige Auflösung

Zur Abstimmung kam es aber nicht. Ohne Linke/UWG waren die Voraussetzungen laut Landrat Mario Löhr (SPD) nicht erfüllt. Da wandelte CDU-Fraktionschef Marco Morten Pufke den von SPD-Kollegen Hartmut Ganzke begründeten Antrag um: Sofortige Auflösung des Gesundheitsausschusses.

Da genügte die einfache Mehrheit, um Küpper zu dem Preis aus dem Amt zu befördern, dass eine Neugründung erfolgt. Wie, das berät als nächstes der Ältestenrat. Zugleich müssen nach dem Gesetz die Vorsitze aller freiwilligen Ausschüsse den Fraktionen neu zugewiesen werden.

Für die Linke/UWG betonte Katja Wohlgemuth, es gelte die Unschuldsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils. Das verlange im politischen Raum besondere Vorsicht. Dr. Hubert Seier, obwohl von Hartmut Ganzke ebenfalls angegangen, schwieg. Auch Küpper verfolgte das Geschehen wortlos. Timon Lütschen blieb der Sitzung erneut fern.

SPD zieht Vergleich zu Kailis-Skandal

Eine „überwältigende Mehrheit“ wolle aber nicht länger zusehen, wie Werte „mit Füßen getreten werden“, zu denen sich die Kreistagsmitglieder per Eid verpflichtet hätten, nahm Ganzke die politische Bewertung vor. Eingangs mit einem scharfen Vergleich zum aktuellen Skandal um Eva Kaili im Europaparlament:. Die sei des Amtes enthoben, weil sie nicht „den Anstand besessenen“ habe, Konsequenzen zu ziehen und die Fraktionsvorsitzenden, da wie hier, daher hätten „handeln müssen.“

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