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Grippewelle bleibt 2022 wieder aus - warum Experten das Sorge bereitet

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Von: Daniel Großert

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Eine echte Grippewelle hat es 2022 wieder nicht gegeben, wie aktuelle Zahlen zeigen. Was sich erstmal positiv anhört, bereitet Experten aber Sorgen.

Hamm - Über den Winter waren viele Menschen in Deutschland krank zu Hause. Das Coronavirus griff um sich und sorgte für Millionen Infektionen in Deutschland. Was sich dagegen im zweiten Jahr in Folge fast gar nicht verbreitete, war die Grippe. Das klingt erstmal positiv - bereitet Experten aber Sorgen.

BehördeRobert-Koch-Institut
Gründung1. Juli 1891
HauptsitzBerlin

Grippewelle bleibt 2022 erneut aus - warum das Experten Sorge bereitet

Weniger als 5000 im Labor bestätigte Grippe-Fälle habe es seit Anfang Oktober 2021 gegeben, wie die Arbeitsgemeinschaft Influenza (AGI) am Robert-Koch-Institut (RKI) in ihrem aktuellen Wochenbericht erklärte. „Im Vergleich mit den letzten fünf vorpandemischen Saisons sind diese Werte weiterhin sehr niedrig“, heißt es dort. Denn: Vor der Corona-Pandemie wurden jedes Jahr weit über 100.000 Fälle gezählt, 2017/18 waren es sogar mehr als 300.000. Die Zahlen aus der Saison 2021/22 sind allerdings wieder höher als aus dem Zeitraum ein Jahr zuvor: Damals waren nur rund 500 Grippe-Fälle registriert worden.

Die Ansteckungszahlen hätten aber in den vergangenen vier Wochen stark zugenommen, wie die AGI berichtet. Weil jedoch unklar sei, wie viele Tests durchgeführt worden seien, könnten die Autoren nicht abschätzen, ob der Anstieg für eine tatsächliche Zunahme zirkulierender Grippeviren spreche oder nicht. Nach Angaben der europäischen Gesundheitsbehörde ECDC gibt es aber in Luxemburg, Dänemark und Bulgarien eine hohe beziehungsweise sehr hohe Verbreitung der Influenza.

Könnte das den Menschen in Deutschland auch bevorstehen? „Ob sich doch noch eine richtige Grippewelle entwickeln kann, können wir nicht sagen. Die Wahrscheinlichkeit einer deutlich steigenden Influenza-Aktivität in den kommenden Wochen verringert sich, je weiter das Frühjahr voranschreitet“, sagte eine RKI-Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Zuletzt hatten Experten allerdings eine Grippewelle bis in den Sommer 2022 befürchtet.

Keine Grippewelle 2022 - negativer Effekt auf Immunität der Bevölkerung?

Hauptgrund für das offensichtliche Ausbleiben der Grippewelle 2022 sind wohl die Corona-Maßnahmen. Das ist auch in anderen Ländern festgestellt worden. Dadurch sei auch die Vielfalt der nachgewiesenen Grippeviren stark zurückgegangen, wie Forscher von der University of Hongkong kürzlich im Fachmagazin „Nature Communications“ berichteten. Die sogenannte Influenza B/Yamagata-Linie scheine sogar seit Mitte 2020 ausgestorben zu sein.

Die auf den ersten Blick positive Entwicklung bereitet den Experten aber eine Reihe von Sorgen. Durch ausbleibende Grippewellen könne sich die Immunität in der Bevölkerung reduzieren, was wiederum das Risiko schwerer Epidemien in Zukunft erhöhe. Vor allem für Kinder könne das ein Problem sein, weil ihre Immunsysteme die ersten prägenden Infektionen verpassten.

Medikamente und ein Fieberthermometer liegen auf einem Nachttisch.
2022 hat es bislang erneut keine Grippewelle gegeben. Nur wenige Menschen mussten wegen der Influenza das Bett hüten. © Maurizio Gambarini/dpa

Eine Herausforderung könne die ausbleibende Grippewelle 2022 auch für die jährliche Anpassung der Influenza-Impfstoffe sein. Denn die Prognose, welche Viren im Winter im Umlauf sind und deshalb für die Vakzine berücksichtigt werden müssen, erfolgt längere Zeit vor der Grippesaison. Experten greifen dabei in der Regel auf Erfahrungen aus dem Winter auf der Südhalbkugel zurück. Da Influenzaviren sich aber in der Zwischenzeit noch stark verändern können, variiert die Zuverlässigkeit des Impfschutzes jedes Jahr. Bei kaum vorhandenen Ansteckungswellen könnte es noch schwieriger werden, einen zuverlässigen Impfstoff zu entwickeln.

Nach Angaben der Forscher aus Hongkong biete diese Ungewissheit einen weiteren Anreiz, um schnell sogenannte Universal-Impfstoffe zu entwickeln. Diese könnten im Vergleich zu den bisher verwendeten Vakzinen für einen breiteren Schutz sorgen. Denkbar sei dabei der Einsatz der mRNA-Technologie, die Biontech/Pfizer und Moderna für ihre Corona-Impfstoffe genutzt haben. Moderna arbeitet sogar bereits an einem Impfstoff, der Schutz vor Corona und Grippe bieten soll. Chef Stephane Bancel kündigte auch schon einen Zeitpunkt an, ab wann das Vakzin verfügbar sein könnte. (mit dpa-Material) *wa.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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