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Impfung gegen Affenpocken: Das bringen die Pockenimpfung und ein neuer Impfstoff

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Von: Marcel Guboff

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Die Affenpocken breiten sich in NRW und Deutschland aus. Aktuell bietet die Pockenimpfung den größten Schutz. Ein neuer Impfstoff ist schon bestellt. Was darüber bekannt ist.

Hamm - Auch in Deutschland gibt immer mehr bestätigte Fälle von Affenpocken - mittlerweile auch in Nordrhein-Westfalen. Tendenz: steigend. Das Virus breitet sich rasant aus. Die Lage sei ernst, aber es „ist nicht der Beginn einer neuen Pandemie“, stellte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) klar.

Spätestens seit der Ausbreitung der Affenpocken auch in Deutschland ist die Diskussion um mögliche Impfungen zum Schutz gegen das Virus im vollen Gange. Schließlich wollen alle auf Symptome mit riesigen Pocken auf der Haut, die auch aufplatzen, eitern und verkrusten können, verzichten und sich davor schützen.

Impfung gegen Affenpocken: Was bringen die Pockenimpfung und ein neuer Impfstoff?

Der Vorsitzende des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: Für jüngere Menschen, die die frühere Pflichtimpfung gegen die normalen Pocken nicht erhielten, wäre solch ein Impfschutz jetzt „sinnvoll“.

Bislang gibt es jedenfalls keine zugelassene Impfung speziell gegen Affenpocken. Immerhin: Die Impfung gegen Pocken - 1967 startete die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine weltweite Impfkampagne zur Ausrottung dieser Krankheit - wirke auch zu 85 Prozent gegen Affenpocken. Dazu sei der Impfstoff laut WHO seitdem stets weiterentwickelt worden.  Das Problem sei, dass er nicht in größeren Mengen verfügbar sei. Daher werde es darum gehen, welche Personengruppen so einen Schutz benötigten, hieß es.

Karl Lauterbach kündigte an, bereits bis zu 40.000 Dosen Imvanex - eines seit 2019 zugelassenen Impfstoffes - bestellt zu haben. Rein prophylaktisch. Konkrete Pläne, diesen auch zu verwenden, gebe es allerdings noch nicht. „Wir könnten diesen Impfstoff, sollte es notwendig werden, unmittelbar einsetzen“, sagte Karl Lauterbach. Pro Person seien zwei Dosen im Abstand von 28 Tagen nötig. In Großbritannien wurden nach Angaben von Behörden von Dienstag bereits mehr als 1000 Imvanex-Dosen an Kontaktpersonen verabreicht. Weitere 3500 Dosen seien auf Lager.

Impfung gegen Affenpocken in Deutschland: 40.000 Dosen des Impfstoffs Imvanex bestellt

Laut dem Präsidenten der Gesellschaft für Virologie könnten die angekündigten bis zu 40.000 Dosen des Impfstoffs gegen Affenpocken knapp bemessen sein. „Dennoch ist das ein guter Anfang, insbesondere für Impfungen im Bereich bekannter Infektionscluster, wodurch man das Ausbruchsgeschehen wahrscheinlich deutlich eingrenzen kann“, sagte Ralf Bartenschlager vom Universitätsklinikum Heidelberg der Deutschen Presse-Agentur. „Wir wissen nicht, wie sich der Ausbruch weiter entwickelt. Deshalb sollte man zügig mit diesen Impfungen beginnen. Bei weiterer Verbreitung des Erregers wird das Eindämmen sonst immer schwieriger.“

Der Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko), Thomas Mertens, sagte derweil der Rheinischen Post, eine präventive Impfung von Risikogruppen sollte geprüft werden. „Darüber wird derzeit nachgedacht, und das könnte möglicherweise sinnvoll sein.“ Zu einer möglichen Impfung der gesamten Bevölkerung sagte Thomas Mertens: „Das ist derzeit sehr wenig wahrscheinlich.“

Eine Narbe einer Pockenimpfung ist an einem Oberarm sichtbar. Die Pocken zählten lange zu den gefährlichsten Krankheiten überhaupt für den Menschen. Impfstoffe brachten die Rettung, seit 1980 gilt die Welt als pockenfrei.
Die Pockenimpfung wirkt zu 85 Prozent auch gegen Affenpocken. © Bernd Weißbrod/dpa

Aktuell gebe es in Deutschland aber auch noch reichlich Pockenimpfstoff. Die Bundesregierung hat laut einem Bericht für den Gesundheitsausschuss des Bundestages etwa 100 Millionen Dosen davon eingelagert. Dieses Vakzin sei wegen zu erwartender Nebenwirkungen jedoch nicht zum Einsatz gegen Affenpocken geeignet, mahnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

Pockenimpfstoff wirkt gegen Affenpocken - hat aber viele Nebenwirkungen

„Der ältere Pockenimpfstoff hat viele Nebenwirkungen. Zudem enthält er vermehrungsfähige Viren, die sich im Körper von immungeschwächten Menschen ausbreiten könnten“, sagte Stefan Kaufmann, emeritierter Direktor am Berliner Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie. Nach den Worten des Wiener Facharztes für Impfen und Reisemedizin Herwig Kollaritsch wäre heutzutage etwa ein Viertel der Bevölkerung wegen Gegenanzeigen wie Immunschwächen nicht mehr damit impfbar.

Derweil wandte sich die WHO gegen eine Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen. „Das ist keine Krankheit von Schwulen“, sagte WHO-Experte Andy Seale. Sexueller Kontakt sei eine von mehreren Übertragungsmöglichkeiten der Affenpocken - es reiche aber auch Hautkontakt.

Während in der Vergangenheit die Affenpocken nur sehr begrenzt durch Reisende verbreitet worden seien, sei diesmal ein anderes Muster zu erkennen. Wichtig sei, dass die internationale Gemeinschaft die Beobachtung von Fällen intensiviere. Weltweit seien bisher erst weniger als 200 Fälle mit oft eher weniger schweren Verläufen verzeichnet worden, sagte WHO-Expertin Maria Van Kerkhove. „Das ist eine beherrschbare Situation.“ Allerdings sagte auch sie, dass mit steigenden Zahlen zu rechnen sei.

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