Impfung gegen Affenpocken: Wer sie bekommt - gibt es genügend Dosen?
Die Fälle von Affenpocken in Deutschland häufen sich. Experten beraten deshalb über eine Impfung. Aber wer soll den Impfstoff bekommen? Gibt es genügend davon?
Hamm - Mit den Affenpocken breitet sich nach dem Coronavirus aktuell die nächste Virus-Erkrankung weltweit aus. Erste Länder haben bereits mit Impfungen gegen den Erreger begonnen. Auch in Nordrhein-Westfalen und ganz Deutschland könnten bald Menschen dagegen geimpft werden. Doch wer soll den Impfstoff bekommen? Und ist genug davon verfügbar?
Impfung gegen Affenpocken: Wer sie bekommt - gibt es davon genug?
Das Wichtigste vorab: Einen zugelassenen Impfstoff speziell gegen Affenpocken gibt es momentan nicht. Aber: Nach Ansicht des Robert Koch-Instituts (RKI) schützen die Impfstoffe gegen die echten Pocken (Variola) wegen der Ähnlichkeit der Erreger auch vor Affenpocken. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erklärte, dass die Pockenimpfung laut mehrerer Beobachtungsstudien einen 85-prozentigen Schutz davor bietet.
In Deutschland sind rund 100 Millionen Dosen des Pockenimpfstoffs eingelagert, wie aus einem Bericht des Bundesgesundheitsministeriums an den Gesundheitsausschuss des Bundestags hervorgeht. Zwei Millionen davon würden als Spende für die WHO aufbewahrt. Das bedeutet: Bei zwei erforderlichen Impfdosen könnten also knapp 50 Millionen Menschen in Deutschland gegen Pocken geimpft werden und hätten einen ausreichenden Schutz vor einer Infektion mit Affenpocken, von denen es auch in NRW einene rsten Verdachtsfall gibt.
Impfung gegen Affenpocken: Empfehlung wird abgeklärt
Jedoch ist noch gar nicht klar, ob es eine Empfehlung für eine Impfung gegen Pocken für gewisse Bevölkerungsgruppen geben wird. Das sei „noch Gegenstand der fachlichen Abklärung“, wie das Bundesgesundheitsministerium in dem Bericht erklärte. Wenn überhaupt, wird es eine solche Empfehlung aber wohl nur für besonders gefährdete Personen geben. „Eine Impfung der allgemeinen Bevölkerung ist hier nicht im Gespräch“, sagte Minister Karl Lauterbach (SPD). Dem stimmte auch der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko) zu: „Ich glaube nicht, dass es jetzt Sinn macht, sich Gedanken darüber zu machen, die ganze Bevölkerung im Augenblick gegen Pocken zu impfen“, sagte Thomas Mertens dem SWR.
Da die aktuell kursierende Variante der Affenpocken für die meisten Menschen eher nicht gefährlich ist, kommt eine Impfung in erster Linie für Kinder und immungeschwächte Erwachsene infrage. Bei diesen Gruppen ist das Risiko für einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf offenbar höher. Doch gerade bei Kindern warnt Tobias Tenenbaum, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie, vor übermäßiger Sorge: „Es ist extrem unwahrscheinlich, dass sich in der momentanen Lage in Europa Kinder mit Affenpocken anstecken.“
In anderen Ländern wird bereits gegen Affenpocken geimpft
Andere Länder sind in Sachen Impfung schon weiter: In Großbritannien wird nach Angaben der Chefin der Gesundheitsbehörde UKHSA, Susan Hopkins, bereits ein Impfstoff der „dritten Generation“ gegen die echten Pocken eingesetzt. „Wir verwenden das bei Personen, die ein hohes Risiko haben, Symptome zu entwickeln, und wir verwenden es früh, besonders innerhalb von vier oder fünf Tagen“, sagte Hopkins.
Die USA bereiten unterdessen eine Impfkampagne gegen die Affenpocken vor, wie fr.de berichtet. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC sollen in erster Linie die engen Kontaktpersonen von Infizierten sowie Mitarbeiter im Gesundheitswesen und Risikogruppen geimpft werden. Dafür soll es „sehr schnell“ Lieferungen von Impfstoffen geben.
Für ein Impfangebot auch in Deutschland sprach sich Frank Ulrich Montgomery, Vorsitzender des Weltärztebunds, aus. Es sei „sinnvoll, allen Jüngeren, die nicht mehr unter die Pockenimpflicht gefallen sind, jetzt ein Impfangebot zu machen“, sagte er der Funke Mediengruppe. Bis in die 1970er-Jahre musste jedes Kind in Deutschland gegen die Pocken geimpft werden. Wer die Impfung erhalten hat, hat wohl noch einen erhöhten Schutz gegen Affenpocken.