Judith Oswalds Bühne dominiert ein Abbild, das auf Jan Davidsz. de Heem zurückgeht. Sein „Prunkstillleben mit Papagei“ (um 1655) bildet die Schauwand mit kolonialen Produkten, die auf den Ostasienhandel der Niederlande verweist. Davor suchen Zeugen, Opfer und Beklagte auf einer Stuhlreihe ihre Positionen. Vor allem stehen Frauen für Recht und Gesetz. Gerichtsrätin Walter, unprätentiös und klar von Lorena Handschin gespielt, übernimmt alsbald die Verhandlung. Richter Adam droht, diskreditiert, lügt, trinkt und denkt an den „Rat“ des Bischofs, um sich zu retten. „Hat Beelzebub den Krug zerschlagen?“ Nein.
Kleists Stück wird von Typenfiguren getragen. Franziska Machens’ Marthe – sie hat die Scherben des Krugs in einer Plastikdose – kollert vor sich hin und lobt den „Herero-Krug“, den ihre Vorfahren als Erinnerung aus Namibia mitgebracht haben. Ein Erbstück. Ruprecht, den Tamer Tahan einfältig, aber nicht ohne Gefühl anlegt, steht als Leibeigener des Fürsten ein Kriegseinsatz in Batavia bevor, den seine Braut Eve verhindern will. Richter Adam hat ihr ein Attest versprochen, das Ruprecht den Militärdienst ersparen soll. Was bietet Eve an? Als am Ende die junge Frau ihre Aussage macht, verstummt das Missbrauchsopfer an dieser Stelle, die nun Raum lässt für Gedanken über all die patriarchalen Rechtsbrüche, die das Verhältnis Mann und Frau lange bestimmt haben. Auch wenn der Monolog die Dramaturgie Kleists versimpelt, punktet die Inszenierung mit einem sensiblen Problemmanagement. Und der Richter hat auch noch seinen Prozess in Aussicht. Viel Applaus.
11.5., Tel. 02361/92 180; www.ruhrfestspiele.de