Das Theater Münster teilt Mozarts „Le Nozze di Figaro“ auf zwei Abende auf

Münster – Die Theater müssen sich dieser Tage was einfallen lassen. Produktionen müssen den Coronaregeln genügen. Am Theater Münster gibt’s daher halbierte Oper: „Figaros Hochzeit“ aufgeteilt auf zwei Abende, erst den 1. und 2. Akt, separat den 3. und 4. Akt. Da „Le Nozze di Figaro“ aber auf freundliche drei Stunden Länge kommt, kann man sich ausrechnen, dass die Halbierung nicht reicht, um Mozarts wunderschönen „Figaro“ coronatauglich zu machen. Zu viele Noten.
So ist für das Große Haus eine halbszenische Bühnenfassung (eingerichtet von Ansgar Weigner) zwischen Trennwänden entstanden. Teil eins, Akte 1 und 2, dauert etwas mehr als eine Stunde, umfasst die notwendigsten Hits und wird von einer Moderation (Ronny Scholz) zusammengehalten, nach dem Motto: Glanzlichter aus Mozarts Figaro. Wer eine Aversion gegen humorvolle Erklärbären in der Oper hat, muss sehr stark sein. Schade, dass noch mehr Stimmung flöten geht, wenn Erzählung und folgende Gesangseinlage nur grob ineinanderpassen, etwa wenn von Intrigen und Durcheinander erzählt wird, die folgende Arie aber sinnlich oder zärtlich ist.
Damit die Kompromissproduktion zündet, wird auf Humor gesetzt. Die Figuren werden karikiert als überkandidelte Rokokopuppen mit Schmollmündchen, frech ins Gesicht gepinselten Augenbrauen und Puppengesten. Jede bleibt in ihrer Box stehen und macht Klamauk. Es wird auf der Stelle gerannt und hinter Stühle gesprungen. Figaro macht, während er sein spöttisches Ständchen „Non più andrai“ an den ins Feld abkommandierten Cherubino singt, den Pagen richtig fertig. Es wird getreten, und zwei Boxen weiter gezuckt. Susanna merkt, dass ihr Figaro ihr nicht zuhört, und zeichnet mit dem Finger ein Herz an die Trennfolie. An das revolutionäre Potenzial der Oper ist nicht mehr zu denken. Wir sehen ein Kasperltheater der Liebe.
Die Sänger stehen in ihren Boxen vorne, die Streicher sind dahinter auf der Bühne verteilt, ganz hinten sitzen die Bläser ebenfalls zwischen Trennwänden. Das wirkt sich vor allem auf den Klang aus. Das Orchester klingt trockener und spröder. Damit geht das Ensemble unter Leitung von Golo Berg allerdings gut um. Die Ouvertüre geht er effektvoll und wirbelig an. Die Münsteraner Sinfoniker spielen nuanciert und energisch, das macht Hörspaß. Besonders in den Ensembleszenen tritt der Orchesterklang aufgrund der Positionierung hinter die Sänger zurück. Wer hinhört, bekommt dennoch schöne Details zu hören, etwa wenn Cherubino seine Liebesqualen ausmalt („Non so più cosa son’, cosa faccio“) und das Orchester dazu sinnlich seufzt. Gesungen wird auf überwiegend erfreulichem Niveau. Marielle Murphy ist höhensicher und artikulationsschnell. Ihre Susanna strotzt vor Selbstbewusstsein, das durchaus ins Zickige umschlägt. Sie leuchtet in den Szenen mit Almaviva (Filippo Bettoschi) und der Gräfin (Kristi Anna Isenes Rosina ist weniger liebeskrank als gründlich angesäuert). Gregor Dalals Figaro ist geschmeidig und amüsant.
Der heimliche Star dieses Halb-Figaro ist Anna Alás I Jové als Cherubino mit ihrem dunkel timbrierten Mezzo. Sie girrt und seufzt, als zögen sich dem frühreifen Pagen beim Anblick einer Frau die Hosen von selbst aus. „Voi che sapete“ singt sie als süße Verführung, und ist dabei absolut sicher in der Melodie, klar in der Artikulation.
2., 4., 23., 25.10., 4., 5.12., Tel. 0251/5909 100, www. theater-muenster.com