Die Künstlerin aus Leipzig hat eine Freundschaftsanfrage des Von-der-Heydt-Museums angenommen. Zusammen mit Kuratorin Beate Eickhoff sichtete sie die konstruktive Kunst im Haus unter den Kriterien „scharfkantig, flächig, konkret“. Zur Ausstellung „Freundschaftsanfrage No.2“ hat sie drei Räume mit Arbeiten von Wassily Kandinsky, Richard Paul Lohse, Aurélie Nemours, Victor Vasarely, Ellsworth Kelly, Verena Loewensberg und Andreas Brandt eingerichtet, um nur einige Namen der ausgestellten Künstlerinnen und Künstler zu nennen. Insgesamt sind 29 Werke über drei Generationen nichtgegenständlicher Malerei zu sehen. Die Freundschaftsreihe startete 2022 mit dem Fotografen Hans-Christian Schink.
Nun bietet Wuppertal eine kleine, aber feine Übersicht zu einem Genre, das sich mit Farbe und Form beschäftigt, ohne gegenständlich zu werden. Dazu kommen Franziska Holsteins Arbeiten der letzten zwei Jahre. „Ich arbeite von meiner Position aus“, sagte Holstein. Es gibt für sie keine Vorbilder, aber einen übergroßen Tisch, den die Künstlerin konzipiert hat, in Erinnerung an die kunstpädagogische Arbeit von Josef Albers. „Interaction of Color“ (1973) zeigt Farbstudien des Künstlers aus Bottrop („Homage to the Square“), der nach seiner Zeit am Bauhaus in Dessau 1933 in die USA emigrierte. Für Albers wirkt Farbe immer anders, vor allem in Nachbarschaft zu weiteren Farben. Daneben liegen auch Arbeiten von Studierenden und Abbildungen aus Kunstbüchern aus, ohne die Beispiele kenntlich zu machen. Dazu sind von Franziska Holstein drei wandfüllende, jeweils 18-teilige Siebdruck-Serien (HDV 2021–2023) gehängt. Holstein arrangiert streifige Variationen in Weiß und Blau, wie beispielsweise in dem Einzelwerk „ohne Titel (12/18 II VD), 2023“. Die Vielzahl der Werke legt eine berechnete Ordnung nahe, die Holstein aber nicht kenntlich macht. Auch weil ihr das Intuitive in der konstruktiven Kunst wichtig ist. Neben den acht Wandmalereien, die kaum Pinsel- und Malspuren zeigen, lassen ihre 14 Acrylbilder mehrschichtige Arbeitsprozesse erkennen. Vertikale und diagonale Streifen sind im Bildraum so organisiert, dass Räume entstehen und das Bild von Bewegungsmomenten akzentuiert wird. Beispielsweise in zwei Werken „ohne Titel, 2023“. Die Farben selbst weisen Mängelstellen auf. Die Leinwand wölbt sich zum Rand und ist um den Bildträger wie ein Wulst gedreht.
Franziska Holstein, 1978 in Leipzig geboren, studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst und war Meisterschülerin bei Neo Rauch (2005–2008). Ihre konstruktive Kunst hat den Charme offener Systeme. Das kleine Bild von Max Bill, der zu den Zürcher Konkreten zählt, hat sie ohne Rahmen gehängt. Damit ist die „Strahlung von Rot in Blau“ (1972), so der Bildtitel, viel ausgreifender spürbar. Bezüge und Blickachsen sind in der Wuppertaler Ausstellung wichtig – und malerische Statements, wie Laszlo Moholy-Nagys Bild „QXX“ (1923). Es ist das erste nichtgegenständliche Bild, das in die Wuppertaler Sammlung von Eduard von der Heydt gelangte. Es schafft mit dem hellbraunen Rechteck und einem roten Kreis, die sich beide schwebend zu einem Balkensystem verhalten, eine kunsthistorische Reminiszenz. Die Strenge der Formen und die schwebende Ausrichtung der Konstruktion erinnern an De-Stijl aus den Niederlanden wie an den russischen Konstruktivismus.
Bis 24.9.; di – so 11 – 18 Uhr, do bis 20 Uhr, Tel. 0202/563 6231; www.von-der-heydt-museum.de