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Gruselklassiker „Frankenstein“
in Münster

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Von: Ralf Stiftel

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Eva Dorlaß als Mary Shelley in „Frankenstein“ am Theater Münster.
Schafft einen Gruselklassiker: Eva Dorlaß als Mary Shelley in „Frankenstein“. Foto: Berg © Oliver Berg

Münster – Die Kreatur erscheint gar nicht in dieser Bühnenversion des klassischen Schauerromans. Die vier Darsteller erwecken sie erzählend zum Leben, als Vorstellung aus dem Halbdunkel, so wie es für eine Fantasiefigur passt. Im Kleinen Haus des Theaters Münster inszeniert Mathias Spaan „Frankenstein“, die Geschichte des Wesens aus Leichenteilen, das der Wissenschaftler Victor Frankenstein mit Hilfe von Elektrizität zum Leben erweckt und das anschließend seinen Schöpfer verfolgt.

Ein Stadttheater verfügt nicht über die Spezialeffekte des Kinos. Hier muss, zumal in einer Produktion, die sich auch an Menschen ab 14 richtet, auf Imagination und Konzentration gesetzt werden. Spaan bringt in seiner eigenen Textfassung nicht nur die eigentliche Erzählung unter, sondern er vermittelt gleich auch noch die Entstehungsgeschichte des Werks. Eine Runde von vier jungen Leuten, die sich gleichsam am Lagerfeuer treffen und zur Gitarre singen, das holt das jugendliche Publikum ab. Wenn in einer Horrorgeschichte dann Handy und Fahrstuhl vorkommen, rücken solche bewusst gesetzten Anachronismen den Horror an die Gegenwart.

Spaan hält sich weitgehend an die tatsächlichen Gegebenheiten aus dem dunklen Sommer 1816, als sich eine Gruppe britischer Romantiker in der Villa von John Polidori am Genfer See versammelten. Einiges verkürzt er, lässt zum Beispiel den berühmten Lord Byron aus, der ebenfalls zur Runde gehörte, was aber die Erzählung nicht stört. Und er erläutert nicht, dass das Quartett von Erasmus Darwin spricht, den Großvater des Begründers der Evolutionstheorie. Er hat ja auch wenig Zeit: Alles passiert in 75 Minuten.

Das Quartett spielt abwechselnd die historischen Figuren und das Personal des Romans. Die Ausstattung von Anna Armann wirkt schlicht. Aber das Setting mit Neonlicht in angedeuteten Berggipfeln und am Lagerfeuer weist auf die besondere Rolle von Elektrizität hin. Ein Häuschen wird zur Projektionsfläche für Live-Videos.

Getragen wird die Inszenierung von den überaus spielfreudigen Darstellern. Eva Dorlaß ist die unerfahrene, aber geniale Autorin Mary Shelley. Paul Maximilian Schulze gibt den selbstbewussten Percy Shelley als Schlaks mit Gitarre und Mantel. Lea Ostrovskiy ist Marys Stiefschwester Claire, Valentin Schroeteler spielt Polidori. Wenn sie als Chor aus dem Schatten brüllen, wird der Schrecken der unheimlichen Kreatur entfesselt. Die handwerklich gelungene Inszenierung bringt den Schrecken dahin, wo er wirkt: In die Köpfe der Zuschauer.

26.2., 3., 4., 23., 24., 25.3., Tel. 0251/ 5909 100, www. theater-muenster.com

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