Während die Toten Hosen ihren 40. Bandgeburtstag ausgiebig in diesem Frühjahr gefeiert haben, ihre Tour unter diesem Motto stellen und auch ein Best-Of-Album herausgebracht haben, sind auch „Die Ärzte“ als zweite große deutsche Punkband aus den 80er Jahren in diesem Jahr ebenfalls 40 Jahre alt geworden.
„Die Ärzte“ halten den Ball diesbezüglich flacher. Bela B. postete kurz vor der Tour einen kurzen Videoschnipsel, in dem er gelangweilt mit einem Bier vor sich stehend „40 Jahre bei den Ärzten. Prost, Hosen“ kurz in die Kamera grüßt. Früher war Rivalität größer, die hat sich in einem entspannteren Verhältnis mit Frotzeleien und etwa dem Auftritt von „Hosen“-Schlagzeuger Vom Ritchie im Video zu „Noise“ – dem zweiten Song an dem Abend – aufgelöst. Am kommenden Freitag beginnen übrigens „Die Toten Hosen“ an gleicher Stelle ihre Tournee.
Im Publikum geht es auch um die Frage „Team Ärzte“ oder „Team Hosen“ – es geht natürlich auch beides. Im Publikum finden sich Fans aus allen Generationen – auch über 50-Jährige sind mit ihren erwachsenen Kindern da. Sie alle eint die Erwartung auf einen schönen Abend mit einer der erfolgreichsten deutschen Band der vergangenen Jahrzehnte.
Die Fans wissen, was sie von ihren Idolen erwarten dürfen – und bekommen es. Die ersten Akkorde aus dem Lied „Himmelblau“ vom 2009 erschienenen Album „Jazz ist anders“ sorgen für einen stimmungsvollen Einstieg.
Die drei Bandmitglieder Farin Urlaub, Bela B. und Rodrigo González stehen auf einer puristisch gehaltenen Bühne – aus dem Lichtkegel wird später ein großes A mit drei kleinen Pünktchen darauf gebildet – das Markenzeichen der Band.
Die hatte – quasi zur Probe – im Mai viele Konzerte in verschiedenen Klubs ihrer Heimatstadt Berlin gegeben, um diese nach der langen Corona-bedingten Zwangspause zu unterstützen.
Als ein kleines Mädchen auf den Schultern ihres Vaters zu „Ist das noch Punkrock?“ „F... Dich und Deine Schwester“ mitsingt, ist Farin Urlaub erschüttert und stellt den Erziehungsauftag der Eltern in Frage.
„Die Ärzte“, speziell Farin Urlaub, reden sich wie üblich oft um Kopf und Kragen. Als sie sich bei „Es ist vorbei“ verspielen und das ansprechen, fragt der Sänger: „Würden U2 das zugeben?“ – und spielen kurz „In the name of love“ an.
Das Schlagzeug des dahinter stehenden Bela B., der knallharte Bass von Rodrigo Gonzales und die unverkennbare Leadgitarre von Sänger Farin Urlaub – das reicht für so einen Ärzte-Abend vollkommen aus, weil die Musiker sich auf keinen Stil festlegen lassen.
Punk-Rock, Hard-Rock, Rock-a-billy, ein bisschen Ska und einfach Pop. , Die Fans singen alles bei diesem Parforce-Ritt durch die Bandkarriere bei Song wie „Lasse reden“, „Hurra“, „Wie es geht“ und „Alle auf Brille“ lautstark mit, die Melodien dazu sind eingängig. Die Lieder schwanken zwischen völligem Blödsinn, Erwachsenwerden, Beziehungskrisen bis hin zu politischen – sehr ernsten Botschaften. „Doof“ und „Schrei nach Liebe“ bezieht gegen Nazis Stellung. Zum bitteren „Ich, am Strand“ winken die Fans fröhlich mit den Händen, um den traurigen Inhalt der Lebensgeschichte eines Gefallenen zu konterkarieren.
Die Stimmung ist von Beginn an ausgelassen, alle saugen jeden Moment des epischen Abends auf. Bei den Hits wie „Junge“, „Dinge von denen“ und dem Frühwerk „Zu spät“ “ hüpfen die über 50 000 Menschen im Stadion – und werden mit drei Zugaben belohnt.