Nur Augen für Tomaten: Birgit Arndt baut 180 Sorten an

Hamm - Birgit Arndts Leidenschaft sind Tomaten. Egal, ob schwarze, pinke, grüne oder klassisch rote: In ihrem Garten an der Fels-Loh-Straße wachsen 180 unterschiedliche Sorten, in ihrem Saatgutarchiv schlummern zusätzlich die Samen von etwa 420 weiteren Variationen der „Liebesäpfel“.
Geht es nach Arndt, kommen in den nächsten Jahren noch viele hinzu. Wie sie so schnell auf so eine beachtliche Vielfalt kam, kann sich Arndt selbst nicht so recht erklären. „Ich koche einfach gerne und war auf der Suche nach guten Produkten. Irgendwann war unser damaliger Garten dann zu klein“, sagt sie.
Im zurückliegenden Winter kauften die 42-Jährige und ihr Lebensgefährte ein Haus in Pelkum und errichteten als erstes ein gläsernes Gewächshaus im Garten. Im Frühjahr kamen vier Beete unter freiem Himmel hinzu, erst in den kommenden Wochen beziehen die beiden dann selbst das 110 Jahre alte, kernsanierte Haus.

Arndt hat sich besonders außergewöhnlichen Tomaten verschrieben. In Permakultur, also auf möglichst nachhaltige Weise, baut sie besonders ungewöhnliche Exemplare an. Eine Sorte wachse beispielsweise so lange, dass sie direkt als getrocknete Tomate von der Staude gepflückt werde, sagt Arndt. Eine weitere nennt sie „Menschenfresser“, weil Kannibalen in Südamerika die Frucht einst zusammen mit Menschenfleisch einkochten, um es verdaulich zu machen. Von der Sorte „Spoon“ passen bis zu zehn ausgereifte Früchte auf einen Teelöffel.
Verkauf über das Internet
Über das Internet tauscht sich Birgit Arndt europaweit mit anderen Gartenfreunden aus. Durch die große Resonanz auf einen Beitrag in einer Gärtnergruppe auf Facebook kam Arndt schließlich auf die Idee, ihr Saatgut zu verkaufen. Auf ihrer neu eingerichteten Website nennt sie sich selbst – passend zu den roten Haaren – „Tomatenhexe“.

Der Außendienstlerin geht es allerdings nicht um Profit. Sie will über alte Sorten aufklären und vergessenes Wissen vermitteln. „Heutzutage wissen viele Leute nicht mehr, was sie alles essen können oder wie man selbst Saatgut herstellt“, sagt Arndt. Es fehle auch oft das Verständnis. „Ich werde gefragt, warum ich mir das antue und nicht in den Supermarkt gehe. Einfach, weil es besser schmeckt.“
„Bei uns gibt es viel Wildwuchs"
Viel Arbeit mache der Garten auch nicht, wie die 42-Jährige versichert. „Bei uns gibt es viel Wildwuchs, das ist pflegeleicht. Da wächst auch schon mal ein Kürbis im Apfelbaum.“ Darauf, dass sich die einzelnen Sorten der Tomaten nicht untereinander kreuzen, achtet Arndt trotzdem penibel. Deshalb sei es auch nicht weiter schlimm, dass Variationen mit den Namen „Venusbrüstchen“ und „Penistomate“ direkt nebeneinander wachsen, lacht Arndt.
In den zurückliegenden Monaten hat die 42-Jährige einen Trend beobachtet, der ihr Mut macht, dass ihre Bemühungen langfristig Früchte tragen: Immer mehr Menschen leben bewusster und finden Gefallen am Anbau der eigenen Lebensmittel. In Großstädten liegt das urbane Gärtnern voll im Trend. „Das ist ganz wichtig“, meint Arndt. „90 Prozent des Saatguts kommen von großen Konzernen. Da geht die Artenvielfalt verloren.“
Sie selbst will sich möglichst unabhängig von Discountern und Fertigware aufstellen. Weil das Essen gesünder sei und besser schmecke. In alte Einmachgläser vom Dachboden der Oma kocht sie alles ein, was nicht direkt auf dem Teller landet. Derzeit erntet sie jeden zweiten Tag sieben Kilogramm. Am Ende der Saison hofft sie schließlich auf 500 bis 600 Kilo Tomaten-Ertrag. „Damit kommt man dann schon ziemlich weit“, sagt Arndt.
Rezept für eine Suppe mit viel Tomate.