Kraftwerk-Neubau noch teurer - Streit entbrannt

HAMM - Der Neubau des Steinkohle-Kraftwerks Westfalen in Uentrop wird noch einmal teurer als die veranschlagten 2,5 Milliarden Euro. Das lässt sich Dokumenten entnehmen, die dem WA vorliegen.
Von Jan Schmitz
Sie geben auch erstmals detailliert Einblick in die Pannen, die den Start der Doppelblocks um mindestens drei Jahre verzögert haben. Mit im Boot sind 23 Stadtwerke, darunter die Stadtwerke Hamm.
Wegen der Verzögerungen beim Bau des Doppelblocks hatte RWE Power im Mai 2012 Feststellungsklage beim Landgericht Essen eingereicht. In 87 Anträgen wollte RWE darin gerichtlich feststellen lassen, dass der Generalunternehmer Alstom vereinbarte Termine bei der Erstellung der Dampferzeuger für Block D und E nicht eingehalten und „sämtliche verzögerungsbedingte Schäden“ zu ersetzen hat.
In erster Instanz wurde die Klage am 27. Februar 2013 als unzulässig abgewiesen. Der 21. Zivilsenat am Oberlandesgericht Hamm ließ die
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Feststellungsklage im Berufungsverfahren am 26. September 2013 dagegen zu. Das OLG hat die Sache zur erneuten Verhandlung ans Landgericht Essen zurückverwiesen. Obwohl die Hammer Richter keine Revision zuließen, steht eine Entscheidung aus. Alstom hat eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe eingereicht, über die noch nicht entschieden ist.
Hintergrund der Feststellungsklage ist eine Nachtragsvereinbarung aus dem August 2010 zwischen RWE und Alstom. Darin stieg nicht nur das Auftragsvolumen von ursprünglich 435 um weitere 133 Millionen Euro an. Auch die Ausführungsfristen wurden neu gefasst. Zudem wurde der von Alstom zu zahlende Schadensersatz auf maximal 71 Millionen Euro begrenzt. Alle Mehrkosten hätten danach RWE und ihre Partner zahlen müssen, es sei denn Alstom handele „grob fahrlässig oder vorsätzlich“.
Mit zunehmender Bauzeitverzögerung und Schadenssumme sah RWE diese Bedingungen als erfüllt an. Ein von RWE beauftragter Gutachter kam zu dem Ergebnis, dass die im Nachtrag zugesagten Termine für Alstom mit den vorhandenen Kapazitäten und Personalstärken nicht einhaltbar waren. Alstom habe vor allem die völlig unzureichende Anzahl von Schweißern nicht erhöht. Alstom wies die Vorwürfe zurück. Vielmehr habe RWE Alstom bei der Erbringung seiner Leistungen behindert. Dennoch zahlte Alstom im März 2012 die in der Nachtragsvereinbarung festgelegte Vertragsstrafe in Höhe von 71 Millionen Euro. Den errechneten Schaden für RWE und die 23 Stadtwerke deckte das zum damaligen Zeitpunkt schon nicht mehr ab.
In einem Schreiben vom 13. September 2012 schätzte RWE die durch die Verzögerungen entstandenen Schäden bereits auf 400 Millionen Euro. Im Januar 2013 bezifferte das Energieunternehmen allein die Deckungsbeitragsverluste durch die unterbliebene Stromproduktion auf bereits 278 Millionen Euro. Ein Insider sagte dem WA, dass jeder Tag, an dem die beiden Blöcke nicht ans Netz gehen, Einnahmeverluste von bis zu 400.000 Euro bedeutet.
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