Folgen des Coronavirus in Hamm
Bauern müssen Einbußen verkraften - „Die Verunsicherung ist groß“
Es ist eine paradoxe Situation. Die Kühlregale mit Würstchen und Fleisch waren in den vergangenen Tagen immer wieder leer. Und doch bekommt der Hammer Landwirt Christof Schürmann weniger Geld für seine Mastschweine als vor der Corona-Krise. „Die Verunsicherung ist groß“, sagt er.
Hamm – Was ein Schwein wert ist, verhandeln Bauer und Supermarktbesitzer nicht direkt. Schürmann hat einen Hof in Sandbochum, mindestens seit 1780 ist er in Familienbesitz. Er hat Platz für 2500 Mastschweine, insgesamt mästet er 7500 Tiere pro Jahr. Er bringt sie zu Westfleisch in Uentrop, dort werden sie weiterverarbeitet. Westfleisch handelt dann den Preis mit den Supermarktketten aus – der sich an Weltmarktpreisen orientiert.
Doch aktuell ist unklar, ob genug Arbeitskräfte da sind, um aus dem geschlachteten Tier Wurst und Grillfleisch zu machen. Also sank zuletzt der Schweinepreis für die Erzeuger. „Dieser Preis schwankt sowieso ständig“, sagt Schürmann. Er bleibt gelassen. Vielleicht zurecht: Die Pressestelle von Westfleisch teilt mit, es gebe keine Schwierigkeiten, an Personal zu kommen. Man arbeite mit normaler Besetzung.
Hamm ist eine landwirtschaftlich geprägte Stadt. Mehr als die Hälfte der Fläche wird landwirtschaftlich genutzt, das ergab eine Erhebung des statistischen Landesamtes IT NRW von 2016 – eine neuere Erhebung gibt es nicht. Auch Schürmann baut viel an. Derzeit düngt und bestellt er seine Felder. 125 Hektar Acker und 30 Hektar Grünland hat er. Der Weizen, Roggen und Mais, der dort wächst, reicht aus, um seine Tiere zu füttern – lediglich Eiweiß kauft er zu.
Sowieso strenge Hygienevorschriften
Schürmann sieht seine Produktion nicht als gefährdet an: „Wir halten sowieso strenge Hygienevorschriften ein. Die Spender mit Desinfektionsmittel, die jetzt überall hängen, gibt es bei uns seit zehn Jahren.“
Andrea Kottmann desinfiziert ihren Milchautomaten derzeit häufiger als sonst. Die Kottmanns haben einen Hof in Bockum-Hövel und verkaufen viele ihrer Produkte direkt, darunter Eier, Marmeladen und Milch. Kottmann hat ein Schild aufgehängt: Die Leute sollen die Verkaufsstelle einzeln betreten, Abstand halten. „Die meisten halten sich daran“, sagt sie.
Auf dem Hof läuft das Leben fast normal weiter. Die Kottmanns wohnen und arbeiten hier mit drei Generationen, brauchen wenig Hilfe von außen. Auch das Futter für ihre 80 Kühe bauen sie weitgehend selbst an.
Landwirte können alle versorgen
Trotz so manch leerem Supermarktregal glauben Kottmann und Schürmann, dass die Landwirte in Deutschland in der Lage wären, die Bevölkerung zu versorgen. „Wir haben hier doch genug“, sagt Kottmann. Allerdings haben in den vergangenen Jahren etliche Landwirte aufgegeben, erklärt Kottmann. Die Produktion einiger Lebensmittel sei in Deutschland zurückgefahren worden, die Lebensmittel kämen aus dem Ausland. „Es nützt natürlich nichts, wenn auf dem Weltmarkt genug da ist, aber die Lkw nicht über die Grenze kommen“, sagt Schürmann.
Kottmann erklärt, dass die Menschen sich vielleicht umstellen müssten – und mehr von dem essen, was gerade vor ihrer Haustür wächst.
Jobbörse für Helfer eingerichtet
Der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) hat eine Jobbörse eingerichtet: Wer Zeit hat, kann sich dort als Saisonkraft melden – ebenso können Landwirte, denen Arbeitskräfte fehlen, dort Beschäftigte suchen.
In Hamm gibt es allerdings vergleichsweise wenige Landwirte, die auf Saisonkräfte angewiesen sind: Viele der Hammer Landwirte leben vom Ackerbau und der Viehzucht, sie brauchen das ganze Jahr über immer in etwa genauso viel Arbeitskraft. „Die Arbeit auf diesen Höfen wird oft von der Familie und eventuell mit einigen fest angestellten Mitarbeitern erledigt“, sagt Petra Drees-Hagen vom WLV. Allerdings könnten Saisonkräfte auf vielen Höfen in den umliegenden Gemeinden fehlen.
Coronavirus in Hamm - weitere Infos hier:
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- Kontaktverbot statt Ausgangssperre in NRW: Diese Regeln gelten jetzt.
- Alle offiziellen Corona-Infos der Stadt Hamm - inklusive vieler Telefonnummern und Ansprechpartner - sind auf der städtischen Homepage gebündelt.
- Auf einer Insta-Seite der Barbaraklinik beantwortet ein Chefarzt User-Fragen.
- Welche Rolle spielt das Wetter? Der Sommer stoppt das Virus leider kaum.