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Kritik von Nahles: Sind Berufseinsteiger in Hamm wirklich zu bequem?

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Andrea Nahles hat ihren Job als Vorstandsvorsitzende bei der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg aufgenommen.
Findet deutliche Worte für die junge Generation: Andrea Nahles kritisiert die Einstellung so mancher Berufsanfänger. (Archivbild) © Daniel Karmann/dpa

„Wir sind die Agentur für Arbeit, nicht für Freizeit“ und „Arbeiten ist kein Ponyhof“ sind drastische Worte. Gesagt hat sie Andrea Nahles, die Vorstandsvorsitzende der Agentur für Arbeit. So kommt das in Hamm an.

Von Katharina Spanier

Hamm – Die frühere SPD-Chefin und Arbeitsministerin Andrea Nahles kritisierte in den vergangenen Wochen junge Arbeitnehmer in Bezug auf deren Forderung nach mehr Work-Life-Balance. Wie sieht die Situation in Hamm aus? Hat sich das Verhalten von Hammer Berufsanfängern verändert?

Katharina Holtmann, Personalreferentin der Stadtwerke sagt: „Bewerber kommen mit konkreten Vorstellungen auf uns als Unternehmen zu. Sie haben ein Bewusstsein dafür, die Themen Arbeit und Freizeit in Einklang zu bringen.“

Paul Büning, Gründer und Geschäftsführer der Werbeagentur PBMvisuals beschäftigt ein junges Team in seiner Firma und hat das Gefühl, dass es vereinzelt Arbeitnehmer gebe, denen der „Life“ Aspekt bei der Work-Life-Balance wesentlich wichtiger sei als der „Work“ Aspekt.

Dieses Phänomen hat auch Pascal Ledune, Vorsitzender der Impuls Wirtschaftsförderung beobachtet. „Jede Generation hat einen anderen Blick auf die Dinge und in der Tat kann man beobachten, dass „Karriere um jeden Preis“ weniger anzutreffen ist, als noch ein paar Generationen vorher.“

Junge Arbeitnehmer zu bequem? Einige tatsächlich „gleichgültig“

Berufsanfänger haben also den Drang nach mehr Freizeit und das zeigt sich auch auf der Arbeit. Das Verhalten einiger Berufsanfänger beschreibt Büning als „gleichgültig“. „Es gibt viele Personen, die bereit sind Verantwortung zu übernehmen, die dafür auch Überstunden in Kauf nehmen. Im Gegensatz dazu gibt es Personen, die nur das Nötigste tun.“

Bezogen hat er sich damit auf das Phänomen des „Quiet Quitting“. Gemeint sind Arbeitnehmer, die nur so viel machen, wie vertraglich festgelegt. Das bedeutet – keine Überstunden, keine Sonderprojekte und kein zusätzliches Engagement. Ein ähnlicher Begriff ist: Dienst nach Vorschrift. „Viele Berufsanfänger möchten einen gut bezahlten Beruf und Karriere machen, wissen aber nicht, dass das auch die Verantwortung mit sich bring, ab und zu eine Stunde länger zu bleiben“

Junge Arbeitnehmer zu bequem? Work-Life-Balance wichtiger

Anderer Meinung ist Thomas Helm, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit. Er habe ebenfalls eine starke Veränderung der Einstellung einiger Berufsanfänger wahrgenommen und sagt, dass Themen wie Work-Life-Balance zunehmend an Bedeutung bei der Berufswahl und Auswahl von Stellenangeboten bekämen und die Bezahlung häufig nicht die zentrale Rolle spiele.

Auch Pascal Ledune betont die Wichtigkeit von zweckhafter Arbeit: „Das Thema rein auf Work-Life-Balance zu reduzieren, ist hier zu kurz gegriffen. Es geht viel mehr darum, gestalten zu wollen und etwas Sinn stiftendes in der Arbeit für sich zu realisieren“.

Junge Arbeitnehmer zu bequem? Attraktivität immer wichtiger

In Hamm sind die Veränderungen also deutlich zu spüren. Auswirkungen haben sie nicht nur auf das Arbeitsklima, sondern auch auf das Personal. Um eine hohe Bewerberanzahl zu gewährleisten, werden Bewerberprozesse zunehmend digitaler. „Einige freie Ausbildungsstellen werden inzwischen das ganze Jahr über ausgeschrieben, um beispielsweise kurzentschlossene Schüler oder auch Studienabbrecher für uns gewinnen zu können“, sagt die Stadtwerke-Frau Holtmann.

Alle sind sich einig – beim Umgang mit der Situation spielen Attraktivität des Unternehmens und Motivation der Mitarbeiter eine wichtige Rolle. Deshalb kommunizieren die einzelnen Unternehmen attraktive Angebote, wie flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten und persönliche Entwicklungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Bewerber. Helm weist außerdem auf Angebote für Berufsunschlüssige hin. Damit wollen sie den Forderungen der Berufsanfänger entgegenkommen und einen passenden Beruf für sie finden.

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