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Coaching an der Martin-Luther-Schule: Geholfen wird auch den Lehrern

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Von: Michael Girkens

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Lehrer Manuel Lohbeck, hier vor der Fotowand im Besprechungszimmer, hat eine Coaching-Ausbildung abgeschlossen und bietet das Schülern, Eltern und Lehrerkollegen an.
Neue Möglichkeiten: Lehrer Manuel Lohbeck, hier vor der Fotowand im Besprechungszimmer, hat eine Coaching-Ausbildung abgeschlossen und bietet das Schülern, Eltern und Lehrerkollegen an. © Michael Girkens

Dass Schulsozialarbeiter den Lernenden unter die Arme greifen oder Klassen- und Fachlehrer Kontakt zu Eltern pflegen, ist an guten Schulen ziemlich normal. Manuel Lohbeck hält in einigen Wochen ein neues Angebot an der Martin-Luther-Schule bereit: Coaching. Er coacht dabei Eltern, Schüler – und die Lehrerkollegen.

Heessen – Coaching ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Beratungsmethoden für verschiedene Ziele, Personen und Gruppen. Lohbeck praktiziert das systemische, lösungsorientierte Coaching. Dafür sieht er zwei Voraussetzungen: Der von ihm gecoachte Mensch, Coachee genannt, muss dies freiwillig tun und eine Bereitschaft zur Veränderung mitbringen. Umgekehrt bringt Lohbeck als Coach eine wertschätzende und zurücknehmende Haltung in die Gespräche ein.

Wenn sich einer bewegt, bewegt sich das ganze System

Die Idee dabei ist, und das spiegelt sich in dem Wort systemisch, dass durch das beratende Gespräch eine Veränderung des Beratenen in das System Schule hereingebracht wird – und eben dadurch ändert sich das System, weil andere Menschen im System darauf reagieren. Lohbeck bringt ein Beispiel: Ein Lehrer spürt, dass er mit einem bestimmten Schüler nicht klarkommt und ihm möglicherweise nicht mehr neutral genug begegnet. Findet er im Coaching Lösungen und geht folglich mit einer anderen Haltung in die Klasse, wird sich auch das Verhalten sowohl des Schülers, als auch der anderen Schüler ändern – ein Impuls also, der Wirkung zeigt.

Der Begriff Coaching...

...wird als Sammelbegriff für unterschiedliche Beratungsmethoden wie Einzelcoaching, Teamcoaching oder Projektcoaching verwendet. Im Unterschied zur klassischen Beratung werden keine direkten Lösungsvorschläge durch den Coach geliefert, sondern die Entwicklung eigener Lösungen wird begleitet. Coaching bezeichnet strukturierte Gespräche zwischen einem Coach und einem Coachee – andernorts würde man sagen: Klienten – zum Beispiel zu Fragen des beruflichen Alltags wie Führung, Kommunikation und Zusammenarbeit.

Am Anfang steht natürlich die Problembeschreibung oder die Formulierung eines Ziels des Coachees, sagt Lohbeck. Gemeinsam mit seinem Gesprächspartner unternimmt der 30-Jährige eine Situationsanalyse im systemischen Sinne und ermutigt ihn, Lösungen zu suchen. „Dabei ist es wichtig, dass man auch verrückte Lösungen zulässt und formuliert“, sagt der Lehrer mit den Fächern Mathe und Biologie, der seit zweieinhalb Jahren an der Hauptschule arbeitet.

Die – mehr oder weniger verrückten – Lösungen werden auf ihre Praxisorientierung untersucht, und danach erstellen Coach und Coachee gemeinsam die nächsten Schritte, und zwar möglichst konkret. Und auch über die Umsetzung können die beiden in weiteren Terminen sprechen. Wenn erwünscht.

Dabei geht es ja auch um die Lehrergesundheit - wenn man nicht frei in den Unterricht geht, ist das auf Dauer sehr belastend. 

Daniel Tümmers, Leiter der Martin-Luther-Schule

Lohbeck und sein Schulleiter Daniel Tümmers erwarten keine Überschneidungen mit der Schulsozialarbeit, wenn es um die Beratung von Schülern geht. Im Gegenteil: „Unsere Schulsozialarbeiterin Julia Sundt freut sich, dass es ein weiteres Angebot gibt“, sagt Tümmers. Nicht jeder Schüler komme mit dem Setting der Schulsozialarbeit klar, und manche seien besser in vertraulichen Einzelgesprächen mit dem systemischen Ansatz erreichbar.

Ein Coaching hat Lehrer Lohbeck bei einem Kollegen schon durchgeführt

Und die Lehrer? Würden die sich von dem jungen Kollegen coachen lassen? Tümmers glaubt das – und er hofft es auch. „Dabei geht es ja auch um die Lehrergesundheit“, sagt er, „wenn man nicht frei in den Unterricht geht, ist das auf Dauer sehr belastend.“ Dabei muss es nicht wie in dem genannten Beispiel um das Verhältnis eines Lehrers zu einem seiner Schüler gehen – weitere Themen für Coaching könnten sein, wie man die Schüler besser im Blick behält oder das Registrieren von Fehlzeiten.

Ein Coaching hat Lohbeck bei einem Kollegen bereits durchgeführt. Dabei ging es um Zeitmanagement und Überlastung. Der Kollege habe gesagt, dass ihm die Impulse zu denken gegeben haben und er zu dem Schluss kam, nicht gut „Nein“ sagen zu können. Vielleicht Thema einer Fortsetzung?

Anregung zum Coaching aus der eigenen Ausbildung mitgenommen

Gecoacht hat Manuel Lohbeck bislang im Freundes- und Bekanntenkreis, um das, was er in der Coaching-Weiterbildung gelernt hat, auszuprobieren. Die Weiterbildung wurde von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) angeboten, der Lehrer nahm an den Veranstaltungen teil und am Ende stand eine Prüfung. Und: Das Thema hat ihn deswegen bewegt, weil er in seiner Lehrerausbildung damit konfrontiert wurde und als Coachee viel aus den Gesprächen mitgenommen hat. Ab dem 1. Februar steht er Schülern, Eltern und Lehrern als Coach zur Verfügung und bietet Sprechstunden an – Anmeldungen sind allerdings erforderlich.

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