Versicherungs-Irrsinn
Erlösende Nachricht: Hammerin (83) endlich krankenversichert
Wie kann das nur sein im korrekten Behörden-Deutschland? Jahrelang war eine Hammerin ohne Krankenversicherung, alle Anzeichen einer Krankheit bedeuteten zusätzliche Bauchschmerzen: Denn wie soll man sich behandeln lassen, wenn man keine Versicherung im Rücken hat? Nun gibt es Aufklärung - vor allem dank der Verbraucherzentrale.
Hamm – Margret Schulte kann endlich zum Arzt. Wie der Westfälische Anzeiger am 17. August berichtete, litt die Hammer Seniorin seit Wochen unter hohem Blutdruck, starken Gliederschmerzen und Wassereinlagerungen. Weil sie nicht krankenversichert war, konnte die 83-jährige Rentnerin bisher keine medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Erst nachdem der Fall öffentlich wurde, kam der deutsche Behördenapparat in Bewegung.
Letztlich war es die Verbraucherzentrale Hamm, die in der Angelegenheit für den nötigen Schub sorgte. Nun ist Margret Schulte rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 bei der AOK krankenversichert. Anne Schulze Wintzler, bei der Verbraucherzentrale unter anderem zuständig für das Thema Krankenversicherungen, hatte den Artikel im WA gelesen und Margret Schulte umgehend Hilfe angeboten.
Kompliziert war der Fall, weil die Seniorin zunächst über ihren inzwischen geschiedenen Ehemann mitversichert war, aber nicht mehr nachvollziehen konnte, bis wann und bei welcher Versicherung, Unterlagen existierten nicht mehr. „Es gibt aber eine Krankenversicherungspflicht in Deutschland, daher hat mich gewundert, dass das alles bei Frau Schulte nicht geklappt hat“, sagt Anne Schulze Wintzler von der Verbraucherzentrale.
Magret Schulze hat neun Kinder
Entscheidend für die Aufnahme der Hammerin in die AOK war der Umstand, dass Margret Schulte Mutter von neun Kindern ist. Denn mit dem Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz, das am 1. August 2017 in Kraft trat, wurde die Anrechnung von Kindererziehungszeiten auf die Krankenversicherung der Rentner (KvdR) neu geregelt. Seitdem werden unabhängig von der Krankenversicherung des Ehe- oder Lebenspartners pauschal drei Jahre für jedes Kind auf die Vorversicherungszeit der KvdR angerechnet.
Allerdings hat das Sozialamt mit Beginn des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes die Krankenkassen-Beitragszahlungen für Margret Schulte wegen ihrer unklaren Situation eingestellt, sodass inzwischen ein erheblicher Nachzahlungsbetrag aufgelaufen ist, an dem die Seniorin – abhängig von ihrer finanziellen Situation und ihrem Recht auf Selbstbehalt – sich wohl wird beteiligen müssen. „Die Rentenversicherung wird die Beträge zunächst ausgleichen, aber Frau Schulte muss das unter Umständen abstottern“, erklärt Anne Schulze Wintzler.
Krankenkassenkarte bereits eingetroffen
Margret Schulte selbst sei sehr erleichtert, berichtet ihre Tochter. Die Krankenkassenkarte der AOK sei kurz nach der WA-Berichterstattung eingetroffen. „Sie hat eine große Sorge weniger und war auch schon beim Arzt“, sagt Brigitte Hugendick weiter. Wegen eines Leistenbruchs müsse sie nun ins Krankenhaus, was ohne Versicherung kaum möglich gewesen wäre.