Hammer Fotografin stellt im NRW-Forum aus

Hamm - „Ich lebe die Fotografie“, sagt Birgit Potthoff. Sommers wie winters ist sie fast jeden Tag draußen in der Natur auf Entdeckungsreise. Die Kamera ist ihr Instrument, um eine Welt hinter der wahrnehmbaren Welt sichtbar zu machen: Einen winzigen Tautropfen auf dem Rücken einer Libelle. Lichtkratzer auf der Oberfläche eines Teiches. In Eis eingeschlossene Luftblasen. Die Fotokünstlerin bringt Strukturen, Formen und Proportionen ins Bild, die dem bloßen Auge des Betrachters normalerweise verborgen bleiben.
Mit ihren sorgfältig komponierten Fotos setzt sie der digitalen Bilderflut ihr ureigenes Konzept der Entschleunigung entgegen. Sehen, abdrücken, posten – das ist für sie ein No-Go. „Bei mir ist es das Gegenteil. Ich fotografiere ganz langsam“, erzählt sie. „Das geht nicht mal eben Hoppla-Hopp. Es ist oft ein langer Weg, den ich beschreite.“

Alle Bilder von Birgit Potthoff entstehen in einem Dreischritt. Ausgehend von einer Idee inszeniert sie ein Foto, das sie später digital bearbeitet. Dazu schaut sie zunächst auf die Rahmenbedingungen, die es braucht, um ein Projekt fotografisch zu realisieren: Einen bestimmten Ort, spezielle Lichtverhältnisse, das passende Objektiv. „Es ist eine Kombination aus Kunst und Technik. Kleinste Veränderungen im Licht oder in der Position der Kamera schaffen ganz andere Motive“, erklärt die Fotokünstlerin. „Ich drücke erst ab, wenn ich weiß, dass das Motiv steht.“
Fotografieren heißt abwarten
Fotografieren, das heißt für Birgit Potthoff, abwarten zu können und geduldig zu sein. Ihr Ziel: Die Schönheit der Schöpfung ins Bild zu bringen. In den Sommermonaten ist sie viel entlang der Feldränder, in den Lippewiesen oder am Möhnesee unterwegs, am liebsten zur blauen Stunde in der Morgen- oder Abenddämmerung. „Die Natur ist der größte Künstler“, sagt sie. „Man muss sich auf das konzentrieren, was man im Moment sieht und sich darauf einlassen. Ich lasse mich gerne von Motiven finden.“
Von ihren ausgedehnten Streifzügen weiß sie, wo jene Orte liegen, an denen sich bestimmte Fotos realisieren lassen. Dabei folgt sie den Gegebenheiten, die die Natur im Lauf der Jahreszeiten vorgibt. Jetzt, im Sommer, können das Blüten, Gräser, Getreidehalme oder Einblicke in Landschaften sein, deren besondere Formen und Farben sie mit speziellen Objektiven in den Blick nimmt.
An kalten Wintertagen erschließt sich die Fotokünstlerin ein ganzes Universum von Motiven im Eis, das einen Tümpel bedeckt oder auf einer Pfütze schwimmt. „Je nachdem wie schnell oder langsam das Wasser gefriert, zeigt es eine vielfältige, wechselnde Feinstruktur“, berichtet sie. „Richtig spannend wird es bei Temperaturen um null Grad. Wenn es taut, gerät alles in Bewegung. Dann verändert das Eis sich stark.“

Dabei dient das Kameraobjektiv, das eine starke Lupe ist, als Türöffner in eine andere Welt. So entstanden in den sechs zurückliegenden Wintern die großformatigen „Icescapes“ und ein gleichnamiges Buch. Das NRW-Forum in Düsseldorf zeigt bis zum 22. August mehrere Diasecs (hinter Acrylglas versiegelte Fotos) aus der Serie.
Mikrokosmen und Miniaturwelten
Schon mehrfach präsentierte Birgit Potthoff ihre Bilder einer interessierten Öffentlichkeit, unter anderem auch im Hammer Glaselefanten des Maxiparks. „Was ist das?“, hört sie oft von verwunderten Betrachtern ihrer Fotos. Vorgeben mag sie die Antworten nicht. Jeder könne in ihren Bildern sehen, was er wolle, sagt sie. Denn: Überraschungsmomente erlebt die Fotokünstlerin auch selbst immer wieder bei der Arbeit. „Ich staune, was die Natur mir zeigt. Da existieren ganze Mikrokosmen und Miniaturwelten.“
Text: Petra von der Linde