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„China Girl“: Tränen nach einziger Show in Hamm - Das sagt der Zirkus-Chef

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Von: Markus Hanneken

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Zirkus-Chef Raoul Schoregge nach der Vorstellung inmitten seines Teams.
Applaus und rote Rosen: Zirkus-Chef Raoul Schoregge nach der Vorstellung inmitten seines Teams. © Hanneken

[Update] Die Hoffnung stirbt sinnbildlich zuletzt. In Hamm starb sie tatsächlich. Unmittelbar nach der Premiere des „5. Hammer Weihnachtscircus’“ 2021 wurden alle weiteren elf Auftritte abgesagt. Zuvor durften sich 150 Besucher an der Weltpremiere der hochklassigen Show „China Girl“ erfreuen. Ein hoch emotionales Ende inklusive.

Hamm - Erst kurz vor Showbeginn erfuhr das internationale Ensemble, dass man nicht wie geplant und gehofft bis zum 29. Dezember in Hamm bleiben, sondern die erste auch die einzige Show sein werde. Die äußeren Umstände waren am Ende zu mächtig, die Verunsicherung war zu groß, der Vorverkauf überdies extrem schlecht. „Aus einer gesellschaftlichen Verantwortung und der damit verbundenen gesundheitlichen Vorsicht heraus haben wir uns schweren Herzens dazu entschlossen, (...) abzusagen“, heißt es unter anderem in einer offiziellen Mitteilung von Donnerstag. „Eine kaufmännische Weitsicht und unser künstlerischer Anspruch haben dieses Vorhaben bekräftigt.“

Zirkus-Chef Raoul Schoregge, zum Ende des fast dreistündigen Showabends noch extrem emotional angetriggert, zeigte sich am Folgetag gefasst: „Wir haben das Beste draus gemacht, aber die Show hat einfach etwas Anderes verdient.“ Nach mehr als zwei Jahren voller Herzblut-Arbeit ist das fraglos so, die Standing Ovations des begeisterten Publikums – bei einigen Darstellern kullerten dabei Tränen –, bestätigen das eindrucksvoll. „Die Menschen hatten eindeutig das Bedürfnis, uns im Anschluss ‘noch etwas mitzugeben’“, freut sich der 52-Jährige bei aller Traurigkeit.

Wir haben das Beste draus gemacht, aber die Show hat einfach etwas Anderes verdient.

Raoul Schoregge, Zirkus-Chef

In Anwesenheit von Produzent und Geldgeber Hermjo Klein aus Berlin gaben die 20 Ensemble-Mitglieder aus aller Herren Länder zweifellos ihr Bestes, um die programmatisch an „West Side Story“ angelehnte Geschichte auf die Bühne zu bringen. Eine Bühne, die am Mittwoch eigentlich eine Spielfläche war, denn sie wurde mit Blick auf die wenigen Besucher kurzerhand ebenerdig in Richtung Haupttribüne aufgebaut. Die direkte Nähe zu den Besuchern nahm ihr womöglich etwas an optischer Kraft, brachte aber eine besonders intensive Wechselwirkung zwischen Künstlern und Zuschauern. Noch dazu konnten diese den Akrobaten bei ihrem hochklassigen Mix aus Akrobatik, Kraft, Jonglage, Magie, Slapstick und weiteren klassischen Varieté-Elementen ungewöhnlich unmittelbar zusehen.

„China-Girl“-Shows abgesagt: Und wie geht es nun weiter?

Viele David-Bowie-Hits von „China Girl“ über „Heroes“ bis „This Is Not America“ illustrierten die wie bei der „West Side Story“ in New York in konkurrierenden Kulturkreisen angesiedelte Liebe-und-Leid-Geschichte akustisch treffend. Die Musiker Alicia Nilsson und Martin Weiß hauchten dem Playback mit Live-Gesang und -Gitarre Leben ein.

Und wie geht es nun weiter? Bis mindestens Ende Februar wird die Tournee weitgehend auf Eis gelegt. Im besten Fall stehen dann einige schon gut verkaufte Termine im Deutschen Theater in München an. Die internationale Künstlerschar – die meisten entstammen chinesischen Leistungszentren – werden wohl wie zuletzt aus Pandemie-Gründen mehrheitlich in Deutschland bleiben. Ihre Gehälter seien ungefährdet, erklärt Schoregge.

Rückgabe der Tickets

Die Kosten für die Tickets für die abgesagten Shows in Hamm werden ausnahmslos erstattet. Ab 27. Dezember können sie dort zurückgegeben werden, wo sie gekauft wurden. Wer Tickets über einen der Onlineanbieter gekauft, werde sein Geld automatisch spätestens fünf Tagen nach der Storno-Freischaltung zurücküberwiesen.

„China-Girl“-Shows abgesagt: Keine Lust mehr zu kämpfen

Der Zirkus-Profi – auf der Bühne gibt er den Clown – will nun „die Krone zurechtrücken, wieder aufstehen“..., sich treiben lassen und anders als bisher den Zwängen unterwerfen: „Nach den zwei Jahren habe ich keine Lust mehr, gegen Corona zu kämpfen.“ Mit Blick auf die Inzidenzen sei es zum Beispiel gut möglich, dass Auftritte künftig statt im Winter nur noch im Frühjahr und Sommer stattfinden werden.

Hamm soll dabei als Spielort nicht fehlen, versichert Schoregge: „Wir hoffen in nicht zu ferner Zukunft dieses Erlebnis mit Ihnen nachholen zu können.“

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