Je mehr Menschen geimpft sind, desto weniger schwere Krankheitsverläufe wird es logischerweise geben. „Im Herbst sollte der Großteil der Menschen geimpft sein. Das ist unsere Hoffnung, aber noch ist dieser Wettlauf nicht beendet“, sagt Unnewehr. Trotzdem: „Wenn alles gut läuft, rasch viele Menschen doppelt geimpft sind und keine unberechenbaren neuen Varianten auftreten, wird es einen neuen Lockdown auch im Herbst nicht geben müssen“, so der Mediziner. Wegen der Vielzahl von bereits Geimpften und Genesenen wird das Risiko einer Überlastung des Gesundheitswesens immer niedriger.
Statt Verbote und Beschränkungen in die alleinige Abhängigkeit von Inzidenzwerten zu stellen, sollten die Belegungszahlen in den Krankenhäusern mit in die Prognosen einfließen. „Inzidenzen waren als alleiniger Bewertungsfaktor nie richtig gut und sind jetzt schwieriger denn je“, so Unnewehr. Eine Inzidenz von 100 unter 18-Jährigen sei etwas anderes als eine 100er-Inzidenz unter 80-Jährigen. „Wenn sich die Menschen infizieren, am Ende aber keiner schwer krank wird, ist doch alles gut geregelt“, sagt Unnewehr.
Dass aktuell darüber diskutiert wird, die Schulen bis ins kommende Jahr hinein zu schließen, hält Unnewehr für unangebracht. „Die Schulen sollten offen bleiben. Voraussetzung dafür ist, dass Lehrer und besonders auch Eltern geimpft sind und Maßnahmen für einen hohen Luftwechsel und eine Reduktion der im Raum verbleibenden Zahl der Viren, zum Beispiel durch Filtergeräte, getroffen werden. Ein Präsenzunterricht ist einfach wichtig, zumal Schule mehr ist als schlichte Wissensvermittlung.“
Durch Studien sei belegt, dass der Distanzunterricht zu einer immer größer werdenden Schere zwischen bildungsnahen und bildungsfernen Schichten führe. Ferner seien schwere Verläufe bei Kindern nach wie vor äußerst selten. Ab dem Teenageralter könne man Impfungen aus immunologischen Gründen vertreten, bei einem jüngeren Lebensalter hingegen sei das kritisch zu betrachten.
Stationäre Aufenthalte von Corona-Patienten sind äußerst selten geworden. Aktuell werden nur wenige Patienten wegen Covid-19 in Kliniken in Hamm behandelt. Wenn die Infektionszahlen wieder ansteigen, könne schnell umgeschaltet werden, sagt Unnewehr. Entsprechende Pläne seien längst ausgearbeitet.
Dass die Besucherregeln in den Krankenhäusern vergleichsweise streng sind, ist aus Sicht des Mediziners geboten und sollte auch nachvollziehbar sein. „Die Situation im Krankenhaus ist halt anders als in einem Supermarkt.“ Wer hier behandelt werde, sei häufig anfällig für einen schwereren Verlauf. Wichtig sei, dass gerade in Krankenhäusern, aber auch in Pflegeheimen viele Beschäftigten geimpft seien.