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Stillstand am Laufband: Bekommen die Hammer Geld zurück vom Fitnessstudio?

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Von: Sarah Hanke

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Kirsten Brünnich, Fitnessstudio „Ladies First Hamm“.
In gutem Kontakt zu ihren Kundinnen: Kirsten Brünnich, Fitnessstudio „Ladies First Hamm“. © © Andreas Rother

Wer im Lockdown das Fitnessstudio nicht besuchen konnte, hat ein Recht auf eine Rückzahlung der Mitgliedsbeiträge. Das hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden. Einige Hammer Fitnessstudio-Betreiber haben derweil mit ihren Kunden Kompromisslösungen gefunden.

Hamm – Kirsten Brünnich, Betreiberin des „Ladies First Hamm“ hat ihren Kundinnen die Wahl gelassen. Per Mail hatte sie darüber informiert, dass sie im Lockdown weiterhin Beiträge einziehen wird. Wer damit nicht einverstanden ist, durfte sich melden. „Die Mehrheit der Kunden hat uns aber unterstützt. Wir sind ein Studio mit familiärer Atmosphäre“, sagt Brünnich. Die offene Kommunikation mit den Kundinnen sei wichtig gewesen. Bislang hätte lediglich eine Dame ihre während der Schließung entrichteten Beiträge zurückgefordert. Sie sei aber auch inzwischen kein Mitglied im Hammer Fitnessstudio für Frauen mehr. „Ich hoffe, dass es dabei bleibt“, so die Betreiberin, auch wenn sie den Unmut der Kundschaft durchaus nachvollziehen kann. Alle Fitnessstudios hätten während des Lockdowns gelitten und viele Einbußen gehabt. Aus Unternehmersicht kann die Entscheidung des BGH durchaus einige Studios in wirtschaftliche Schieflage bringen.

„Das ist ein Desaster“, sagt Christian Dürwald, Geschäftsführer der „Vita Gesundheit in Hamm GmbH“ am Alten Uentroper Weg 53. Auch wenn Vita Gesundheit selbst nicht von dem Urteil betroffen sei und er keine Konsequenzen zu befürchten habe: „Gefreut habe ich mich über das Urteil nicht.“ Die 700 Mitglieder hätten sich zum Großteil solidarisch gezeigt – nur vereinzelt habe es während des Lockdowns Kündigungen gegeben. Als Entschädigung für die ausgefallenen Trainingswochen hätten die Mitglieder Gutscheine für beitragsfreie Zeiten oder Verzehr erhalten.

Fitness-Branche ohne Lobby

Erst im Januar 2020 hatte das Fitnessstudio in Uentrop eröffnet. „Corona hat uns schon massiv zurückgeworfen“, sagt Dürwald. Bis heute ärgert er sich über die damalige Corona-Politik. „Es ist verwerflich, Puffs und Fitnessstudios in einem Atemzug zu nennen und beides zu schließen“, so Dürwald. „Die Fitness-Branche hat keine Lobby.“

Beim Fitnessstudio „Aktivita“ an der Hafenstraße können die Kunden keine Beiträge zurückfordern. „Wir haben während der Schließung nichts eingefordert“, sagt Inhaber Thomas Johannpeter. Wer es anders gemacht hat, müsse nun die Konsequenzen tragen.

Lockdown nicht spurlos vorbei gegangen

Nur vereinzelt habe es während des Lockdowns Kündigungen gegeben. Um die Stammkunden zu halten, habe man den Kunden kostenlose Online-Sportkurse angeboten.

Spurlos seien die fehlenden Einnahmen natürlich auch am Aktivita nicht vorübergegangen. Auch, wenn während der Schließung nicht die vollen Kosten bezahlt werden mussten: Die Mitarbeiter seien in Kurzarbeit gewesen – gezwungenermaßen. Aber: „Wir müssen erst mal wieder auf den Stand vor Corona kommen“, sagt Johannpeter.

Es der großen Fitnessstudio-Kette gleichzutun und die Beiträge zu erhöhen, ohne vorher mit den Mitgliedern gesprochen zu haben, entspreche aber nicht seinem Rechtsempfinden: „Wer durch die Drehtür geht, hat die Bedingungen noch lange nicht akzeptiert.“

Der Musterfall aus Niedersachsen

Ein Fitnessstudio in Niedersachsen muss einem Kunden die während des Corona-Lockdowns per Lastschrift eingezogenen Beiträge zurückzahlen. Dieses Urteil hat der BGH in einem Musterfall gefällt. Der Kläger hatte einen Zwei-Jahres-Vertrag abgeschlossen, der im Dezember 2019 zu laufen begann. Nach Ausbruch der Pandemie hatte das Studio vom 16. März bis zum 4. Juni 2020 schließen müssen. Der Betreiber zog trotzdem weiter die monatlichen Beiträge von 29,90 Euro ein. Der Kunde hatte sein Studio zunächst vergeblich zur Rückzahlung aufgefordert und schließlich einen Wertgutschein über die Summe verlangt. Das Studio bot ihm aber lediglich eine „Gutschrift über Trainingszeit” an. Das lehnte der Kunde ab. Vor dem BGH bekam der Mann in letzter Instanz Recht.

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