In der Ruhrgebietsstadt Essen in NRW liegen Urbanität und Grünflächen nah beieinander. Die Industriekultur gehört hier sogar zum Unesco-Welterbe. Ein Überblick.
Essen - Die Stadt Essen ist die viertgrößte in Nordrhein-Westfalen und zählt zugleich zu den größten zehn Städten in Deutschland. Inmitten des Ruhrgebiets wartet Essen trotz seines urbanen Charakters mit zahlreichen Parks, Gewässern und Erholungsflächen auf. Zu den wichtigsten Spezialitäten der Stadt, die als Sitz für wichtige börsennotierte Unternehmen wie RWE fungiert, gehört natürlich die Currywurst.
Stadt | Essen |
Bundesland | Nordrhein-Westfalen |
Fläche | 210,3 km² |
Einwohner | 579.432 (31. Dez. 2021) |
Postleitzahlen | 45127–45329 |
Oberbürgermeister | Thomas Kufen (CDU) |
Essen als Zentrum und „heimliche Hauptstadt“ des Ruhrgebiets
Moers im Westen, Hamm im Osten, Mülheim im Süden und Haltern im Norden - die Grenzen des Ruhrgebiets sind relativ genau definiert. In der Mitte liegen mit Dortmund, Bochum und Essen drei Großstädte, die sozusagen das Zentrum des Ruhrgebiets bilden. Aufgrund seiner zentralen Lage im „Revier“ wird Essen auch als heimliche Hauptstadt des Ruhrgebiets angesehen. Heimlich deshalb, weil das Ruhrgebiet als Ballungsregion eigentlich keine Hauptstadt besitzt.
2010 wurde Essen stellvertretend für das gesamte Ruhrgebiet zur Kulturhauptstadt Europas. Seit 1985 wird der Titel jährlich vergeben. Außerdem kann Essen aufgrund seiner Bedeutsamkeit als Wirtschaftsstandort als Oberzentrum bezeichnet werden.
Industriekultur und Zeche Zollverein
Schon bevor Essen zu einer Kohleregion wurde, beeinflusste die Krupp‘sche Industrie die Stadt Essen im frühen industriellen Zeitalter. Der deutsche Industrielle und Erfinder Alfred Krupp (geboren in Essen) baute die von seinem Vater Friedrich gegründete Kruppsche Gussstahlfabrik im 19. Jahrhundert zum damals größten Industrieunternehmen Europas aus. Heute besteht sie als ThyssenKrupp AG weiter.
Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts entstanden in Essen mehrere Zechen. So wurde nahe der Altstadt die Zeche Victoria Mathias erreichtet, es folgte die Zeche Hercules im Ostviertel. Bis heute überregionale Bekanntheit hat die Zeche Zollverein im nordöstlichen Essener Stadtteil Stoppenberg. Das Steinkohlebergwerk, welches von 1856 bis 1986 aktiv in Betrieb war, wird auch „Eiffelturm des Ruhrgebiets“ genannt. Der imposante Förderturm der Schachtanlage XII ist über 55 Meter hoch.
Die Zeche Zollverein ist heute ein Architektur- und Industriedenkmal. Zusammen mit der benachbarten Kokerei Zollverein gehören die Schachtanlagen 12 und 1/2/8 der Zeche seit 2001 zum Welterbe der UNESCO. Um sowohl die Zeche als auch die Kokerei für Bevölkerung und Touristen zugänglich zu machen, wurde ein Besucherpark mit dem Namen „Zollverein Park“ konstruiert und fertiggestellt.
Essen: Die frühe Geschichte der Stadt
Um das Jahr 845 gründete eine norddeutsche Adelsfamilie um den späteren Bischof von Hildesheim das Stift Essen für die Töchter des sächsischen Adels. Dies sollte die Keimzelle der heutigen Stadt Essen werden. Eine Reihe der umliegenden Dörfer entwickelten sich im Laufe der Zeit zu den heutigen Stadtteilen von Essen, so können zu diesem frühen Zeitpunkt der Stadtgeschichte Altenessen, Altendorf, Karnap, Heisingen und Fischlaken bezeugt werden.
Im Jahr 870 erfolgte die Grundsteinlegung des Essener Münsters (Kirche), das über die Jahrhunderte dreimal zerstört und wieder aufgebaut wurde. Die heutige Gestalt der Münsterkirche fußt auf dem jüngsten Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg. Das erste Essener Stadtsiegel war auf einer Urkunde im Jahr 1244 zu sehen, nachdem von der Gemeinschaft der Ministerialen des Stiftes sowie den Bürgern der Stadt die Essener Stadtmauer errichtet worden war.
Baldeneysee: Naherholungsgebiet und Sportstätte
Zu den bekanntesten Gewässern in Essen zählen im Norden die Emscher und der Rhein-Herne-Kanal sowie im Süden der Stadt die Ruhr mit dem Baldeneysee, der inzwischen vom Ruhrverband betrieben wird. Dabei handelt es sich mit einem Speicherraum von rund 7,6 Mio. Kubikmetern und einer Stauseelänge von 7,8 Kilometern um den größten der sechs Ruhrstauseen.
Rund um den See verläuft seit 2017 ein Wanderweg, der Spaziergänger und Jogger anlockt. Das Schwimmen ist zumindest am Nordufer erlaubt, wo früher ein richtiges Freibad war und heute der sogenannte „Seaside Beach Club“ vorzufinden ist. An der gegenüberliegenden Seite, also am Südufer, liegen die Schiffe der Weissen Flotte Baldeney, die in den Sommermonaten bis zum Kettwiger See verkehrt.
Der Baldeneysee fungiert nicht nur als Naherholungsgebiet, sondern auch als Sportstätte. Seit 1963 findet zum Beispiel ein Marathonlauf rund um den Baldeneysee statt. Aber auch Segelregatten mit zum Teil internationaler Bedeutung werden auf dem stehenden Gewässer veranstaltet. Daneben dient der See als Regattastrecke für Ruder- und Kanurennsportler.
Einer von vielen Grünanlagen: Der Grugapark
Schon zur Zeit der Industrialisierung ließ unter anderem die Firma Krupp zur Erholung der Arbeiter ihre zahlreichen Werkssiedlungen im Stadtgebiet mit Parkanlagen ausstatten. Viele von ihnen sind heute noch vorhanden. Der Grugapark ist mit 70 Hektar der größte Park in Essen. Als früherer Austragungsort der Bundesgartenschau 1965 gilt er heute als Spiel- und Sportstätte, aber auch als Ruheoase in der Stadt.
Im Sommer finden im Grugapark verschiedene Veranstaltungen statt, darunter Konzerte, Park- und Kinderfeste. Aber auch an jenen Tagen, an den keine spezifische Aktion geplant ist, pulsiert dort das Sommerleben. Junge Leute kommen, um Trendsportarten wie Spikeball zu spielen, andere präferieren ein ruhiges Picknick. Spaziergänger können jedenfalls die 44 Skulpturen erblicken, die im Grugapark installiert sind. Ob Tänzerin, Schwan oder Kind mit Blockflöte - die Skulpturen sind vielseitig.
Weitere Sehenswürdigkeiten in Essen
Neben der Zeche Zollverein, dem Baldeneysee und dem Grugapark gibt es weitere Sehenswürdigkeiten in Essen. Insbesondere der Besuch einiger Bauwerke lohnt sich für Besucher von außerhalb. So gehört die Alte Synagoge am Steeler Tor zu den größten und besterhaltenen architektonischen Zeugnissen jüdischer Kultur der Vorkriegszeit in Deutschland. Zwar war die Synagoge während der Novemberpogrome durch Brandstiftung im Inneren stark beschädigt worden, jedoch blieb ihr Äußeres aufgrund der massiven Bauweise aus Stahlbeton dabei fast unversehrt. Eine Sprengung war wegen der umliegenden Häuser unmöglich.
Ebenfalls bekannt ist das Glückaufhaus, dessen Name an den Gruß unter Bergleuten erinnert. Es ist ein Bürogebäude aus den 1920er Jahren, dessen Fassade seit 1988 unter Denkmalschutz steht. Gleiches gilt für das architektonisch auffallende Postbank-Hochhaus, das die urbane Seite Essen aufzeigt. Es ist über 90 Meter hoch und zählt nach dem Westenergie-Turm von RWE (127 Meter), dem Essener Rathaus (106 Meter) und dem Rellinghaus II (100 Meter) zum höchsten Gebäude der Stadt.
Spezialitäten (Currywurst)
Das Ruhrgebiet ist seit Jahrhunderten ein wahrer Schmelztiegel der Kulturen. Und das spiegelt sich auch in der kulinarischen Welt wider, die die Region zu bieten hat. Durch Ansiedlungen war die Küche schon früher internationaler angehaucht als in anderen Orten Deutschlands. Herauskristallisiert hat sich ein Mix aus bodenständigen westfälischen Essgewohnheiten und einer multikulturellen Mischküche.
Besonders wichtig war jedoch von Anfang an, dass Arbeiter im Ruhrgebiet schnell ihren Hunger stillen konnten. Das dürfte zu einem Teil die Imbisskultur im Ruhrgebiet erklären, die vor allem die allseits beliebte Currywurst auf den Plan ruft. Vermutlich kann jeder Einwohner des Ruhrgebiets seine favorisierte „Currywurstbude“ beneneen. Vegetarier dürften die Qualität des Imbissladens dagegen hauptsächlich an den Pommes festmachen, die mit Ketchup und Mayonnaise serviert traditionell „Pommes Schranke“ genannt wird.
- Königsberger Klopse: Zu den weiteren Spezialitäten gehören Klassiker der westfälischen Küche, die oftmals sehr deftig anmutet. Bei Königsberger Klopsen, die ursprünglich aus Ostpreußen stammen, handelt es sich um gekochte Hackfleischklöße, die oftmals mit Kartoffeln serviert werden. Dazu gehört eine helle Sauce mit Kapern.
- Pfefferpotthast: Auch beim Pfefferpotthast handelt es sich um ein herzhaftes Gericht, das insbesondere im Herbst und Winter traditionell auf dem Teller landet. Der Eintopf basiert auf Rindfleisch und Zwiebeln, aber auch Lorbeeren und Nelken dürfen nicht fehlen. Meistens wird das Gericht, das auch in Münster und Umgebung beliebt ist, mit einem sauren Gürkchen serviert.
- Bier: Einer großen Tradition erfreut sich im Ruhrgebiet auch das Bierbrauen. Zwar wächst in der Region kein Hopfen, allerdings wussten die Bier-Brauer im „Ruhrpott“ stets, diesen zu verarbeiten. Überall im Ruhrgebiet finden sich kleine Privatbrauereien. Aus Essen stammt zum Beispiel die überregional bekannte Privatbrauerei Stauder. Anders als im Rheinland (Alt/Kölsch) wird im Ruhrgebiet vorzugsweise Pils getrunken.
Unternehmen in Essen
Neben der Thyssenkrupp AG, die sich genau wie Evonik Industries im sogenannten MDAX befindet, ist Essen insbesondere für seine Energieversorger bekannt. Sowohl RWE als auch E.ON haben ihren Hauptsitz in Essen. Beide haben einen jährlichen Durchschnittsumsatz im mittleren zweistelligen Milliardenbereich und gehören den 40 börsennotierten deutschen DAX-Unternehmen an.
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Überhaupt ist Essen ein enorm wichtiger Wirtschaftsstandort. Im Jahr 2019 erreichten die sieben Essener DAX-Unternehmen, zu denen noch der Chemiekaliendistributor Brenntag AG, der Baukonzern Hochtief AG und die E.ON-Tochter innogy gehört, einen Börsenwert von rund 91,7 Milliarden Euro. Damit belegte die Stadt Essen hinter München, Walldorf (SAP) und Bonn 2019 den vierten Platz in der „Börsenliga“ deutscher Städte.
„Offen im Denken“: Die Universität Duisburg-Essen
Gemeinsam mit der Stadt Duisburg hat die Stadt Essen eine Universität, die gemessen an der Anzahl ihrer Studierenden (41.740) zu den zehn größten Universitäten in Deutschland gehört. Sie ist sowohl ein Zentrum der nanowissenschaftlichen und biomedizinischen Forschung sowie der Lehrerausbildung in NRW. Insgesamt werden über 250 Bachelor- und Masterstudiengänge angeboten.
Das Motto der Universität Duisburg-Essen, die 2003 zu einer gemeinsamen staatlichen Hochschule fusioniert wurde, lautet „Offen im Denken“. Dazu passt, dass Studierende aus 130 verschiedenen Nationen an der Uni studieren - ganz im multikulturellen Sinn des Ruhrgebiets.