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Für gravierende Veränderung bei Aldi gibt es ein unerwartetes Lob 

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Von: Peter Sieben

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Aldis älteste Filiale in Essen.
Bei Aldi soll es ab 2030 nur noch Fleisch und Wurst aus „Premium“-Haltung geben. © Roland Weihrauch/dpa

Aldi will seine Standards bei Fleisch- und Wurstwaren erhöhen. Dafür gibt es Lob vom Tierschutzbund. Dieser sieht Handlungsbedarf bei der Politik.

Essen/Mülheim – 57,3 Kilogramm – so hoch ist der jährliche Pro-Kopf-Fleischkonsum in Deutschland laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft. Am beliebtesten sind dabei verarbeitete Fleisch- und Wurstwaren – und darunter mit 31 Kilo pro Kopf mehrheitlich Schweinefleisch. Die Discounter-Ketten Aldi Nord und Aldi Süd aus Essen beziehungsweise Mülheim in NRW haben nun angekündigt, bis 2030 ihre gekühlten Fleisch- und Wurstwaren vollständig auf die beiden höchsten Fleisch-Haltungsformen drei und vier umzustellen.

Aldi will stufenweise sein Wurst- und Fleischsortiment anpassen

Seit 2021 gilt diese Vorgabe bei Aldi Nord und Aldi Süd bereits für Frischfleisch. Der neue Stufenplan von Aldi sieht wie folgt aus: Bis 2025 will Aldi vollständig auf Ware aus Haltungsform eins verzichten, bis 2026 soll dann bereits ein Drittel der Fleisch- und Wurstwaren aus Haltungsform drei und vier stammen.

Dabei handelt es sich um eine Skala, die das Tierwohl der Tiere angibt:

Haltungswechsel von Aldi wird vom Tierschutzbund begrüßt

Der Deutsche Tierschutzbund begrüße die Ankündigung von Aldi, wie es in einer Pressemitteilung heißt. „Offensichtlich reagiert der Handel auf den gesellschaftlichen Wunsch nach mehr Tierschutz“, so Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes. Er wies aber auch darauf hin, dass Haltungsform Drei und Vier nicht automatisch ein Höchstmaß an Tierschutz bedeuteten.

„Es entstehen aktuell viele Programme, die sich innerhalb der Stufen einen Unterbietungswettbewerb liefern, mit nur wenigen Kriterien und einer unzureichenden Kontrolldichte. Der Handel muss da sehr genau hinschauen, wer für was die 3 oder 4 bekommt, wenn er wirklich und dauerhaft mehr Tierschutz fördern will.“

Tierschutzbund: Bundesregierung muss Tierhaltung umbauen

Gleichzeitig appellierte der Tierschutzbund an die Bundesregierung: „Das muss ein Weckruf für die Bundesregierung sein, jetzt die Weichen zu stellen, um bessere Tierschutzstandards zu erreichen.“ Damit richtet sich der Tierschutzbund insbesondere an das Bundeslandwirtschaftsministerium: „Nun ist Cem Özdemir mit seinem Ministerium gefordert, endlich die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen und so Verbesserungen für alle Tiere zu erreichen.  Das geplante Tierhaltungskennzeichen trägt dazu nicht bei“, so Schröder.

Das Tierhaltungskennzeichengesetz, das Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) auf den Weg bringen will, hat bereits in der Vergangenheit für Kritik gesorgt. Laut der Vorstellung von Özdemir soll Fleisch demnach künftig mit den Kategorien Stall, Stall+Platz, Frischluftstall, Auslauf/Freiland oder Bio gekennzeichnet werden. Gelten soll das Ganze zunächst nur für Schweinefleisch, dann aber Schritt für Schritt auf alle anderen Fleischsorten ausgeweitet werden.

UnternehmenAldi Nord und Aldi Süd
Gründung1913, ab 1961 unter dem Namen Aldi
UnternehmenssitzEssen (Nord) und Mülheim an der Ruhr (Süd)
Mitarbeitende (in Deutschland)38.000 bei Aldi Nord, 49.600 bei Aldi Süd
Filialen (in Deutschland)2.220 Aldi Nord und 1.980 Aldi Süd

Dem Tierschutzbund reicht der bisherige Entwurf zum Tierhaltungskennzeichengesetz nicht aus. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher benötigten eine echte und transparente Orientierung, wie sie mit ihrer Kaufentscheidung zu mehr Tierschutz beitragen können“, heißt es in der Pressemitteilung.

Es müsse rasch nachgearbeitet werden, um den überfälligen Umbau der Tierhaltung voranzubringen. Dazu gehöre auch eine klare, verlässliche Strategie, wie es mit der landwirtschaftlichen Tierhaltung insgesamt weitergehen soll. Vielmehr solle man auf sinkende Tierbestände hinwirken und damit eine geringere Produktion tierischer Lebensmittel anstreben.

Bisher noch nichts über eine Preisanpassung bei Aldi bekannt

Inwieweit der Haltungswechsel bei Aldi auch mit einer Preisänderung einhergehen wird, ist bisher noch nicht bekannt. Katrin Beyer, Business Unit Director Category Managerin bei Aldi Nord, äußerte sich in einer Pressemitteilung des Unternehmens lediglich wie folgt: „Unsere Kundinnen und Kunden können sich darauf verlassen, dass sie Tierwohlware bei Aldi stets zum besten Preis-Leistungs-Verhältnis erhalten.“

Erst im Sommer des vergangenen Jahres hatte Aldi überraschenderweise die Preise für Fleisch und Wurst gesenkt – nachdem die Preise im ersten halben Jahr 2022 noch um teilweise bis zu 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr angestiegen waren.

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