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„Ganze Branche ist nervös“: Deutsche Spargelbauern fürchten um Existenz

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Von: Sven Schneider

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Der finanzielle Druck für die Bauern ist groß: Ist der deutsche Spargel in Gefahr? „In der Branche sind alle nervös“, sagt ein Spargelbauer aus NRW.

Hamm - Die Vorfreude war riesig, gehört er doch in vielen Haushalten auf die Speisekarte. Die Spargelsaison in Nordrhein-Westfalen und anderen Regionen in Deutschland hat begonnen. Während Familien daheim das Gemüse verspeisen, treibt dessen Ernte bei einigen Bauern schon länger Sorgenfalten auf die Stirn. Spargelbauern in Deutschland stehen mächtig unter Druck. Müssen sie um ihre Existenz fürchten?

Bald kein deutscher Spargel mehr? „Bauern haben Angst vor Kaufverhalten“

Corona-Pandemie, Inflation, steigender Mindestlohn, Importe aus dem Ausland - schon im vergangenen Jahr wurden einige Spargel-Felder in Deutschland nicht mehr abgeerntet. Zu hoch war der Kostenaufwand, zu gering der finanzielle Ertrag. Zwölf Euro beträgt der Mindestlohn mittlerweile in Deutschland. Gepaart mit „Dumpingware aus dem Ausland im Regal“ der Supermärkte wird es laut Bauernpräsident Joachim Rukwied richtig schwierig für die Spargelbauern in Deutschland.

„Es ist eine reelle Gefahr, dass dadurch in Deutschland die Spargel- und Erdbeerproduktion verschwindet“, warnte Rukwied bereits im März im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Mittlerweile ist die Spargelsaison 2023 gestartet. Die Bauern blicken mit gemischten Gefühlen auf die kommenden Wochen - und sind abhängig von den Kunden.

Spargel-Bauern in NRW mächtig unter Druck - „In der Branche sind alle nervös“

„Viele Bauern haben Angst vor dem Kaufverhalten“, sagte Spargelbauer Ludwig Hengemann im Gespräch mit wa.de. Sein Spargelhof in Everswinkel im Norden von Nordrhein-Westfalen kam zwar auch im vergangenen, von der Corona-Pandemie noch deutlich beeinflusstem, Jahr gut über die Runden. Das liegt aber vor allem an der guten Zusammenarbeit mit der örtlichen Gastronomie.

„Trotz starker Preisschwankungen kommen wir gut durch dank der langen Zusammenarbeit mit Kneipen“, so Hegemann, dessen Spargelhof aktuell von der Direktvermarktung an den Einzelhandel profitiert. Anders sieht das für den Großmarkt aus. Spargelbauern beklagen zum Auftakt der Saison 2023 einen hohen Kostendruck und fürchten die billigere Konkurrenz aus dem Ausland. Der Kampf mit der günstigen Importware aus dem Ausland hat längst begonnen.

„Man hört überall, dass das Pflanzen von Spargel zurückgefahren wird. Jeder Betrieb hat Flächen umgebrochen, tendenziell schrumpft die Anbaufläche“, berichtet Spargelbauer Ludwig Hegemann. Er selbst werde in den kommenden Wochen genau den Markt beobachten. „Nach der Saison entscheide ich, wie ich für die kommenden Jahre pflanze“, so Hengemann weiter.

Grüner Spargel in Pergamentpapier
Spargelbauern in NRW mächtig unter Druck - „In der Branche sind alle nervös“ © Westend61/Imago

Spargelbauern in NRW: Finanzieller Druck wegen Mindestlohn in Deutschland

Die langfristige Zukunft der Spargelbauern in NRW ist ungewiss - nicht zuletzt seit der Einführung des Mindestlohns in Deutschland. Seitdem sei es schwerer, Spargelanbau wirtschaftlich zu betreiben. Hegemann plant derzeit mit nur drei Leuten statt normalerweise mit sieben bis acht. „Betriebe starten mit deutlich weniger Personal. Lohnkosten in Höhe von zwölf Euro sind hart. Man hört überall, dass die Verkaufszeiten minimiert werden, um Löhne einzusparen“, berichtet Spargelbauer Hengemann.

In der kommenden Woche soll es voraussichtlich richtig losgehen mit dem Spargelverkauf am Spargelhof Hengemann. Zu nass sei der März gewesen, als dass schon Anfang April die Ernte üppig ausfallen würde. Andere Höfe sind schon jetzt, sowohl bei Spargel als auch bei Erdbeeren, auf das Kaufverhalten der Kunden angewiesen. Im Supermarkt und Discounter liegen Massenproduktion aus dem Ausland und die Ernte aus der Region oftmals nebeneinander. Der Griff nach dem Produkt ist entscheidend.

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