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„Muttertag baut Druck auf Frauen auf“ – neuer Name soll queere Menschen einschließen

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Von: Marvin K. Hoffmann

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Den Muttertag kennt fest jeder. Ein Familienforscher hinterfragt den Begriff nun aber. Ein neuer Name soll auch queere Menschen einschließen.

Hamm – Der Muttertag ist ein fester Begriff. Fast jeder kennt ihn. Nun aber kommt eine Diskussion auf, ob der Name noch zeitgemäß sei. Es gibt Argumente, die für eine Umbenennung sprechen.

Der Familien- und Bildungsforscher Wassilios Fthenakis spricht sich für eine Umwidmung des Muttertags in einen Elterntag aus. Müttern werde sonst eine Verantwortung zugeschoben, die sie allein nicht wahrnehmen könnten und auch nicht wahrnahmen, sagte Fthenakis vor dem Muttertag am 14. Mai, für den es dank der Eisheiligen schon eine Wetterprognose gibt. Er erhält dafür Zustimmung.

Familienforscher will Umwidmung von Muttertag in Elterntag

Nach Ansicht von Familienberater Stephan Fuchs könnte eine Umbenennung des „Muttertags“ in einen allgemeinen „Elterntag“ sinnvoll sein. „Im Muttertag werden traditionelle Rollenbilder verankert. Er fördert Stereotype. Verkauft wird das Bild von der ‚perfekten Mutter‘“, sagte der Sozialpädagoge vom Bundesverband alleinerziehender Mütter und Väter am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in München. „Ein ‚Elterntag‘ würde die Gleichstellung von Müttern und Vätern anders ins Bewusstsein rücken.“

Auch der Vatertag könne so umgewidmet werden. „Elterntag als Tag der Liebe, des Miteinanders, des Verständnisses und Respekts.“ Keine Gesellschaft könne ohne Eltern bestehen, sagte Fthenakis. „Wir werden mit einem Modell nicht die ganze Vielfalt abbilden, aber den Geist, der dahintersteckt.“ Vor 100 Jahren gab es den Muttertag erstmals in Deutschland. Damals herrschte noch ein anderes Frauenbild, die Menschen sind mittlerweile – Frauen dürften nicht auf ihre Mutterrolle reduziert werden, betont der Forscher.

„Der Muttertag baut Druck auf Frauen auf, die tagsüber keine Zeit haben, sich um die Kinder zu kümmern.“ Mit dem Muttertag diktiere die Gesellschaft der Frau, wie sie zu sein habe. „Der Muttertag ist ein Normierungsinstrument.“

Verband Alleinerziehender: „Muttertag“ fördert Stereotype

Elternforscherin Désirée Waterstradt sagte zu der Idee eines Elterntags: „Eine Zeit lang habe ich auch gedacht, das sei eine gute Idee. Aber die große Gefahr dabei ist heute, dass man sich sehr modern fühlen möchte und deshalb die evolutionären, historischen und aktuellen Unterschiede von Mutterschaft und Vaterschaft schlicht verdeckt.“ Ein Vater könne sich entscheiden, ob er kooperativ, fürsorglich und kindzentriert sein wolle - und wenn er sich dagegen entscheide, werde es ihm gesellschaftlich auch nicht übel genommen. „Für Mütter ist das völlig anders“, sagte Waterstradt von der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe. Famielienberater Fuchs fasst aber auch queere Menschen ins Auge.

In einem „Elterntag“ wäre inkludiert, dass auch gleichgeschlechtliche Paare Eltern sein können: „Das wäre ein Tag für Eltern, egal woher sie kommen.“ Auch den alleinerziehenden Vätern, die er als Pädagoge berate, wünsche er einen solchen „Elterntag“. Gleichzeitig wies er daraufhin, dass durch einen solchen Tag die Realität nicht ausgeklammert werden dürfe. „90 Prozent der alleinerziehenden Eltern in Deutschland sind Frauen.“ Entsprechend sei es nicht zielführend, Mütter einmal im Jahr zu stilisieren und zu feiern und ihr Engagement ansonsten wenig zu würdigen. „Hier würde ich mir insgesamt eine andere Diskussion wünschen“, sagte Fuchs.

Vor 100 Jahren gab es den Muttertag erstmals in Deutschland. Die Wurzeln liegen in den USA, wo er bereits seit 1914 existiert. Begründet wurde er von Frauenrechtlerin Anna Marie Jarvis (1864-1948) aus Grafton im US-Bundesstaat West Virginia.
Sie wollte damit ihrer Mutter ein Andenken setzen, die sich für eine bessere medizinische Versorgung von Müttern und deren Kindern sowie von Kriegsheimkehrern einsetzte. Mit Boykottaufrufen wandte sie sich erfolglos gegen die Kommerzialisierung des Tages. – maho/dpa

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